Rezension

definitiv für jüngere Konsumenten, mir viel zu kitschig, zu übertrieben

Ach wie gut, dass niemand weiß - Alexa Hennig von Lange

Ach wie gut, dass niemand weiß
von Alexa Hennig von Lange

Bewertet mit 2.5 Sternen

Es gibt gehaltvolle Weine, die Jahre in Eichenfässer reiften und einen langen Abgang haben und es gibt Traubensaft im Tetrapack. "Ach wie gut, dass niemand weiss ..." ist für mich letzteres: definitiv für jüngere Konsumenten, mir viel zu süss.

Und dabei begann alles ganz vielversprechend ....
Die Szene, als Sina und Noah am Kaugummiautomaten das erste Mal aufeinander treffen, hat mir sehr gut gefallen. Ohne viele Worte fühlen die beiden eine Verbindung zum anderen und es knistert gewaltig. Vor allem vom mysteriösen Bad Boy Noah ist man sofort angetan, denn hinter seinen Tätowierungen scheint er sehr feinfühlig zu sein und es ranken sich viele Geheimnisse um ihn. Ist er wirklich so unschuldig wie er von sich behauptet?

Die beiden Protagonisten kommen aus zwei total verschiedenen Welten. Sinas Familie und Umfeld wird von der Autorin sehr schön aufgezeigt, so dass man sich ihre Situation gut vor Augen hat. Ihr Vater ist Staatsanwalt, ihrer Mutter ist vor allem das Ansehen wichtig und Sina gehört der angesagten Mädchenclique der Schule an. Nur ihre kleine Schwester scheint ein bisschen aus der Rolle zu tanzen.
Doch als Sina auf Noah trifft, gerät ihre (Gefühls-)Welt ausser Kontrolle. Ihre Gedanken kreisen nur noch um den Jungen von der anderen Seiten des Kanals, wo Armut und Gewalt regiert. Der Junge, der für sie verboten ist.

Die Geschichte ist aus der ich-Perspektive von Sina erzählt und so erhält man einen sehr guten Einblick in ihre Gefühlswelt - für einmal sogar einen zu guten. Klar, sie ist in der Pubertät und diese Zeit ist geprägt von Unsicherheiten und (Hormon-) Gefühlsschwankungen, doch immer und immer wieder ihren inneren Monologen folgen zu müssen, ob sie eine Beziehung mit Noah führen darf/kann/soll/will, wird mit der Zeit einfach zu viel. Dazu kommt, dass die Story je länger je mehr nur so von Kitsch trieft und für deutsche Verhältnisse einfach viel zu übertrieben ist.

Von Noah und seinem Umfeld, seiner Vergangenheit hätte ich sehr gerne noch etwas mehr erfahren, denn er war ganz klar mein Sympathieträger. Vor allem am Schluss hätte es für mich schon noch ein bisschen mehr Klärungsbedarf gehabt, denn da geht dann plötzlich alles wahnsinnig schnell.

Unglaubwürdig war für mich auch das Thema Sex. Sina war mit ihrem Ex-Freund ein ganzes Jahr zusammen - sie waren DAS Traumpaar an der Schule - haben jedoch nicht miteinander geschlafen. Und schon beim ersten Kuss mit Noah weiss sie, dass er der Richtige ist. Mir hat hier die Sensibilität mit der Thematik (auch zum Beispiel mit der Verhütung) gefehlt, die in anderen Büchern schön rübergebracht wird.

Ach wie gut, dass niemand weiss ... wie alt ich bin ....
Ich weiss, ich passe schon lange nicht mehr in die Zielgruppe der Jugendbücher, die ich lese. Und doch fühle ich mich immer gut aufgehoben. "Ach wie gut, dass niemand weiss ..." liest sich locker-flockig, doch bei der Lektüre habe ich mich mehrfach gefragt, ob ich nun definitiv alt werde .... Alexa Hennig von Langes Liebesschwüre sind bestimmt gute Unterhaltung für viele Teenager, für mich jedoch nicht (mehr).

Fazit:
"Ach wie gut, dass niemand weiss ..." liest sich süffig, doch wurde der Story definitiv zu viel Zucker beigefügt. Das Bouguet ist zu schwülstig und der Abgang hinterlässt eher einen fahlen Beigeschmack. Für einmal müsste es wohl heissen FSK unter 18.