Rezension

Delfter Blau

Nachtblau - Simone Van Der Vlugt

Nachtblau
von Simone van der Vlugt

Bewertet mit 5 Sternen

~~1654 Holland. Catrijn ist gerade Witwe geworden und verkauft ihr Hab und Gut, um endlich ihre Heimatdorf De Rijp verlassen und in die Stadt ziehen zu können. Dort will sie ihr Auskommen als Haushälterin verdienen, obwohl sie viel lieber malen würden. Leider ist die Herrschaft, bei der sie ihre Stelle antreten soll, kurzfristig verstorben. Durch Zufall lernt sie den sympathischen Weltenbummler Matthias kennen, auf dessen Empfehlung sie in Amsterdam im Haushalt seines Bruders und dessen Familie unterkommt. Die Hausherrin ist eine ambitionierte Malerin, so bekommt Catrijn die Gelegenheit, sogar den großen Rembrandt kennenzulernen. Eines Tages steht Jakob, der Knecht aus ihrem Heimatdorf, vor ihr und erpresst sie, denn Catrijn hat ein dunkles Geheimnis. Um ihn loszuwerden, gibt sie ihm Geld und kündigt am gleichen Tag noch ihre Stellung. Sie bekommt von ihrem Hausherrn eine Empfehlung, sich bei seinem Bruder Evert zu melden, der eine Porzellanfabrik in Delft unterhält und Hilfe braucht. So landet Catrijn schließlich in Begleitung von Matthias, an den sie ihr Herz verloren hat, bei Evert. Während Matthias sich von ihr verabschiedet, um auf Weltreise zu gehen und Catrijn damit die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft nimmt, beginnt sie bei Evert als Malerin in der Werkstatt und sie beginnt, sich endlich wohl zu fühlen. Doch auch hier wird sie nach einiger Zeit von Jakob aufgespürt…
Simone van der Vlugt hat mit ihrem Buch „Nachtblau“ einen sehr unterhaltsamen und spannenden historischen Roman vorgelegt, der als Kulisse das Holland des 17. Jahrhunderts zum Hintergrund hat. Der Schreibstil ist schön flüssig, der Leser taucht schnell in die vergangene Zeit ein, lauscht Ich-Erzählerin Catrijn bei ihren Gesprächen und nimmt heimlich teil an ihren Gedanken, Geheimnissen und ihrem Leben. Die Reisebeschreibungen durch die holländische Landschaft sind sehr bildhaft und lassen den Leser das alte Holland erleben, wo die Wege noch beschwerlich und meist über das Wasser stattfanden. Der Spannungsbogen wird schon gleich zu Beginn schön angelegt und schraubt sich im Verlauf der Handlung immer mehr in die Höhe. Die Autorin gibt auch einen schönen Einblick in das damalige Leben und die Gepflogenheiten der Bevölkerung sowie die Standesunterschiede und auch den Ausbruch der Pest und deren Auswirkungen. Gleichzeitig erfährt der Leser etwas über die Entstehung des berühmten Delfter Porzellans und dessen Entwicklung. Auch die Stellung der Frau ist ein Thema in dieser Geschichte. Die Autorin weiß mit dem Leser zu spielen und durch geschickte Wendungen ebenso zu überraschen.
Die Charaktere sind sehr schön und individuell ausgestaltet, sie wirken sehr lebendig und authentisch. Catrijn ist eine sympathische Protagonistin, die in einer liebevollen Familie auf dem Land aufgewachsen ist, leider aber Pech mit ihrem Ehemann hatte. Sie liebt die Malerei, doch als Frau darf sie kein Gewerbe ausüben, ohne Mitglied der Zunft zu sein. Sie hat ein offenes Wesen, ist ehrlich und tatkräftig, greift vielen helfend unter die Arme. Innerlich ringt sie mit sich und hütet ein dunkles Geheimnis, dass sie das Leben kosten könnte. Matthias ist ein Weltenbummler, er hat Hummeln im Hintern, aber er ist auch sehr attraktiv und weiß die Frauen zu becircen. Dabei ist er jedoch offen und ehrlich und macht keine falschen Versprechungen. Evert ist Witwer und leidet noch unter dem Tod seiner Frau und seiner Kinder. Er ist ein gutmütiger Mann mit Geschäftssinn, der seine Angestellten anständig behandelt und gute Ideen zu schätzen weiß. Jakob ist ein Mann, den man nur schwer einschätzen kann. Er wirkt nicht gerade sympathisch, schleicht ständig herum und setzt die Menschen unter Druck, um sein Leben dadurch zu verbessern. Auch die „Nebendarsteller“ haben alle ihren berechtigten Platz in dieser schönen Geschichte und machen die Handlung rund und harmonisch. Auch der Einwurf von bekannten Namen wie Vermeer und Rembrandt geben dem Ganzen einen authentischeren Zug.
„Nachtblau“ ist ein sehr spannender historischer Roman, der beste Unterhaltung bietet und den der Leser, einmal begonnen, nicht mehr aus der Hand legen kann. Absolute Leseempfehlung!