Rezension

Der etwas andere Religionsunterricht

Der Schatten des Galiläers - Gerd Theißen

Der Schatten des Galiläers
von Gerd Theißen

Bewertet mit 5 Sternen

Rückentext:
Die Rahmenhandlung ist fiktiv. Ein junger Jude, Andreas, wird von Pilatus dazu erpresst, Material über neue religiöse Bewegungen in Palästina zu sammeln. Dabei stößt er auf Jesus und reist ihm hinterher. Aus Erzählungen über Jesus rekonstruiert er dessen Leben.
Gerd Theißen ist ein fesselndes Buch gelungen, das dem Stand der Forschung entspricht, aber auch für die Gegenwart verständlich ist. Verkündigung und Geschick Jesu werden aus der Perspektive eines jüdischen Zeitgenossen dargestellt und im Rahmen der religiösen und sozialen Welt des Judentums verständlich gemacht.
Gerd Theißen entwirft ein Bild von Jesus und seiner Zeit - lebendig erzählte Geschichtsorschung.

Meine Meinung:
Das Buch darf nicht verstanden werden als ein Reisebericht zu Jesu Wirkungsstätten oder gar als eine andere, neue Bibel, sondern in 1. Linie als ein Buch, welches einem den jüdischen Glauben exakt erörtert und näher bringt und zwar immer im Vergleich zu anderen Glaubensrichtungen und am Beispiel Jesu.

Die Rahmenhandlung ist deshalb fiktiv, weil Gerd Theißen so dafür sorgen kann, dass man vorerst viel über die Juden und ihren Glauben erfährt, über den Ursprung der Juden und ihre ständige Vertreibung. Er will klar machen, dass Jesus keine neue Glaubensrichtung und keinen neuen Gott prophezeihen wollte, sondern den jüdischen Glauben erneuern, ihn wieder richtig und ursprünglich verstanden wissen wollte.

Da die Rahmenhandlung fiktiv ist, wird für Zitate Jesu oder für Ereignisse oder andere gravierende Geschehnisse, die der Überlieferung entsprechen, also Forschungsergebnisse oder Bibelstellen wiederspiegeln, Quellennachweise der Bibel als Beweis zum Nachlesen mitnotiert. Man kann also immer unterscheiden, was fiktiv und was Überlieferung ist. Aber trotzdem spiegelt die fiktive Rahmenhandlung tiefgehende Erkenntnisse und Erforschungen des Autors wieder, der sich mit dem Thema auseinandergesetzt hat. 

Jesusforschung in erzählender Form. Der Leser setzt sich unwillkürlich mit dem Thema Juden und Jesus auseinander. Auch mit der Meinung und dem Glauben der Römer - was zur Kreuzigung führte, was zum Aufstand führte und und und...darum geht es in diesem Buch.

Mir hat es tiefe Einblicke verschafft, neue Erkenntise gebracht und mir gezeigt, dass das, was uns als Konfirmanden oder Katecheten beigebracht wurde, so nicht stimmt, jedenfalls nicht die Interpretation der Bibel und Jesu Wort in allen Belangen. Unglaublich, was die Kinder durch die Kirche mit auf den Weg kriegen und was davon nur von Geld und Macht abhängig ist. Das steht natürlich nicht in dem Buch, sondern ist die Folge von der Auseinandersetzung mit dem Geschriebenen, was mich betrifft.

Mehr mag ich jetzt nicht schreiben, weil man etwas durch etliche Erklärungsversuche auch zerreden kann.

Viel Spaß beim Lesen.

Kommentare

Steve Kaminski kommentierte am 10. April 2015 um 08:44

Das klingt interessant, was Du schreibst - und dass das von einem deutschen Theologen so geschildert wird (Zusammenhang mit dem Judentum), und dann auch noch im Gütersloher Verlagshaus erscheint. Danke für die Rezension! (Ich lese gerade: "Zelot. Jesus von Nazaret und seine Zeit" von Reza Aslan: Der Versuch, die Geschichte des historischen Jesus aus seiner Zeit zu rekonstruieren.)