Rezension

Der Kuss des Engels

Der Kuss des Engels - Sarah Lukas

Der Kuss des Engels
von Sarah Lukas

Bewertet mit 4 Sternen

Allgemeines zum Buch und dessen Aufbau:
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Zunächst möchte ich etwas zu der Gestaltung des Buches sagen, denn diese gefällt mir außerordentlich gut! Der Schutzumschlag ist in Weiß gehalten. Das Gesicht einer hübschen jungen Frau ziert das Cover zusammen mit blassen Ornamenten und einem Flügel mit seidigen und weichen Federn. Der Titel des Buches ist in rot abgedruckt und auch das Buch selbst ist mit einem roten Einband ausgestattet. Ebenso ist das Lesebändchen rot. Auf dem Vorsatzpapier ist ein wunderschöner Stadtplan von Paris abgebildet, dessen Linien ebenfalls mit roter Farbe gezogen wurden und auf dem sich wiederum eine Feder findet. Auch am Ende des Buches ist dieser Stadtplan abgedruckt.

Im Inneren des Buches setzt sich diese wunderschöne Gestaltung fort. Das Buch gliedert sich in mehrere Kapitel und jede der Kapitelzahlen wird von einem Ornament umrankt. Die Kapitel sind in mehrere Abschnitte gegliedert, die jeweils durch eine Feder getrennt werden. Die Motive setzen sich somit fort und das Thema "Engel" wird sowohl durch die innere als auch die äußere Gestaltung des Buches verdeutlicht, was mir sehr gut gefällt.

Insgesamt umfasst das Buch 411 Seiten. Handlungsort ist Paris. Geschrieben ist das Buch aus der Sicht eines allwissenden Erzählers in der Vergangenheitsform.

Meine Meinung zum Buch:
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Der Einstieg in das Buch gelingt recht schnell, denn bereits das erste, sehr kurze Kapitel, erzählt von Rafaels Tod. Der Leser bekommt dadurch zwar keinen Einblick in die Liebesbeziehung zwischen Sophie und Rafael und kann sich daher kein Bild von deren Intensität machen. Allerdings wird dies bereits durch das zweite Kapitel ausgeglichen, in dem der Leser Sophie begegnet und ihre Trauer greifbar wird. Eine niedergeschlagene und melancholische Stimmung umgibt diese ersten Seiten. Somit wurde mir als Leser schnell klar, dass Sophie und Rafe eine tiefe und innige Beziehung geführt haben, in der sie sehr glücklich waren. Deshalb ist es nicht so schlimm, dass Szenen aus der gemeinsamen Vergangenheit der Beiden zu Beginn des Buches fehlen. Dies wird auch dadurch ausgeglichen, dass sich im Verlauf des Buches immer wieder kurze Rückblicke auf das gemeinsame Leben von Sophie und Rafe finden.

Sophie ist ein Charakter, der mir sofort sympathisch war. Ihre Trauer zu Beginn des Buches konnte ich fast mit Händen greifen und ebenso gut konnte ich ihre aufkeimende Hoffnung nachvollziehen, als sie plötzlich eine Gestalt sieht, die Rafe verblüffend ähnelt. Schnell beginnt Sophie zu glauben, dass Rafe doch nicht tot ist, dass er wohl sein Verdächtnis verloren haben muss oder andere Gründe dafür gesorgt haben, dass er sich nicht bei ihr gemeldet hat. Ihre Suche nach Rafe, die sie durch ganz Paris führt, war für mich absolut verständlich und realistisch. Sophie ist insgesamt ein sehr authentischer Charakter, auch wenn ich doch kritisieren muss, dass die Autorin es mit einem Charakterzug meiner Meinung nach zu sehr übertrieben hat. Denn Sophie vergisst ständig, den Akku ihres Handys aufzuladen, was sehr oft betont und wiederholt wird - meiner Meinung nach etwas zu oft. Aber so ist Sophie ein Charakter mit Stärken und Schwächen.

Gut gezeichnet finde ich auch alle anderen Charaktere des Buches. Jeder hat seine Eigenheiten, die mehr oder weniger liebenswert sind, und erscheint so bildhaft und greifbar.

Auch mit der Beschreibung der Umgebung, in der sich Sophie bewegt, gibt sich die Autorin sehr viel Mühe. In meinem Kopf ist Paris lebendig geworden, obwohl ich selbst dort noch nie war. Aber die Autorin beschreibt jede Straße, jede Gasse, schildert Gerüche und Geräusche sehr eindringlich, sodass vor meinem inneren Auge ein sehr detailreiches Bild entstanden ist. Dabei hat sie es meiner Meinung nach auch nicht zu sehr übertrieben - für mich war das Maß genau richtig.

Insgesamt überwiegen in diesem Buch Schilderungen und Beschreibungen des allwissenden Erzählers. Dialoge sind zwar auch durchaus vorhanden, aber es gibt viele Szenen, die allein durch den Erzähler bestimmt sind. So wird zum Beispiel auf mehren Seiten die Suche Sophies nach Rafe beschrieben, ohne dass dabei ein Gespräch geführt wird. Aber der Autorin gelingt es sehr gut, auch bei diesen Szenen keine Langeweile aufkommen zu lassen und den Lesefluss aufrecht zu erhalten.

Die Handlung des Buches konnte mich insgesamt auch überzeugen. Von Anfang an ist eine unterschwellige Spannung zu spüren. Diese wird vor allem dadurch erzeugt, dass der Leser erfahren möchte, was es mit der Gestalt, die Rafe so ähnlich sieht, auf sich hat. Schade finde ich, dass der Klappentext hierzu schon fast zu viel verrät. Aber dennoch: Ich habe mit Sophie gegrübelt und überlegt, Vermutungen angestellt und schließlich die gesamte Wahrheit erfahren. Hierzu möchte ich an dieser Stelle jedoch nicht mehr verraten - lest am besten selbst. Leider kam das Ende des Buches für mich viel zu plötzlich und zu schnell. Auf knapp 40 Seiten findet alles eine Auflösung und während das Buch eigentlich durchweg ruhig, wenn auch spannend verlief, ereignen sich hier auf einmal gewaltvolle Kämpfe. Dies hat mir nicht so gut gefallen, da es einfach nicht zum Gesamtwerk passt und ich mir insgesamt bei der Auflösung etwas mehr Ausführlichkeit gewünscht hätte.

Sarah Lukas wirft in ihrem Buch eine interessante Frage auf: Wenn es tatsächlich einen Gott gibt, wie kann er dann Leid und Elend auf der Welt zulassen? Diese Frage ist nicht neu und der Autorin gelingt es auch nicht, überzeugende Antworten zu finden. Aber dafür möchte ich keinen Bewertungspunkt abziehen, denn es ist schwierig, eine Antwort auf diese Frage zu finden - falls dies überhaupt möglich ist. Sarah Lukas bietet aber verschiedene Erklärungsmöglichkeiten an, die ich sehr interessant fand. Zur Unterstützung werden einige Bibelzitate angebracht, die auf mich als nichtreligiösen Menschen zunächst etwas befremdlich wirkten. Aber die Autorin übertreibt es mit den Bibelstellen nicht, sondern nutzt sie an passenden Stellen zur Erklärung ihrer unterschiedlichen Theorien. So hatte ich nicht das Gefühl, dass sie mich bekehren will oder mir einen Glauben aufzwängen will.

Der Stil der Autorin hat mich sehr überzeugt. Sie stellt einen gewissen Anspruch an ihre Leser, denn der Stil ist nicht zu oberflächlich, sondern verlangt ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit. Sarah Lukas versteht es, eine fantastische und gefühlvolle Liebesgeschichte zu entwickeln, die nicht zu kitschig ist und auch nicht zu verrückt.

Mein Fazit:
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Ein gelungenes Debüt, das mich auf weitere schöne Bücher der Autorin hoffen lässt.