Rezension

Der Punkt an dem der Himmel auf die Erde trifft

Oben Erde, unten Himmel -

Oben Erde, unten Himmel
von Milena Michiko Flasar

Bewertet mit 5 Sternen

Suzu, Anfang zwanzig, ist bei ihren Eltern auf dem Land aus- und in eine kleine Wohnung in der Stadt eingezogen. Dort lebt sie alleine. Obwohl sie jeden Tag in die Arbeit geht, dort auf Leute trifft und sich sogar eine Zeitlang unverbindlich mit einem jungen Mann trifft, ist sie doch die meiste Zeit allein. Sie hat es nicht so mit Menschen. Auch den Kontakt mit ihren Eltern hält sie mehr schlecht als recht aufrecht. Eines Tages muss sich Suzu allerdings auf die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle machen. Ihr gelingt es zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, auch wenn sie nicht genau weiß welche Tätigkeiten dort genau anfallen werden. Gemeinsam mit einem jungen Mann Takada, steht die junge Frau vor ihrem zukünftigen Chef Sakai. Herr Sakai betreibt eine Reinigungsfirma, die sich auf Kodokushis spezialisiert hat. Ein Kodokushi bezeichnet den Tod eines Menschen, der in sozialer Isolation lebte und dessen Tod daher zunächst unbemerkt bleibt. Sakai und seine Leute kommen dann in solch einem Fall zum Einsatz. Sie reinigen die Wohnung des verstorbenen Menschen, räumen sie leer und übergeben die kostbaren Hinterlassenschaften den Verwandten. Und obwohl diese Tätigkeit mit einigen herausfordernden Gerüchen und undefinierbaren Körperflüssigkeiten einhergeht und der Tod täglich allgegenwärtig ist, findet Suzu sowohl durch ihre Arbeit, als auch durch ihre neuen Kollegen zurück ins Leben.

Milena Michiko Flasar präsentiert uns mit ihrem, inzwischen dritten, Roman eine berührende Geschichte. Durch Suzu erfahren wir zu Beginn der Handlung viel über die stetig zunehmende Vereinsamung von Menschen in Großstädten bzw. in der Gesellschaft generell. Die Technisierung schreitet weiter voran, es ist nicht mehr erforderlich sich persönlich miteinander auseinanderzusetzen. Selbst um ein Date zu vereinbaren, braucht es lediglich einen Computer sowie eine Datingplattform. Das Interesse an den Mitmenschen nimmt merklich ab. Diese anfänglich beschriebene, unterkühlte, anonyme Stimmung in der Gesellschaft spiegelt sich auch in Suzus Verhalten bzw. in ihren Einstellungen wieder. Sie verhält sich anderen gegenüber ablehnend, zieht sich immer weiter von ihrer Umgebung zurück. Erst die Auseinandersetzung mit dem Tod und die Arbeiten mit ihren neuen Kollegen, allen voran natürlich Sakai, verdeutlichen ihr, dass das „Leben keine Generalprobe ist. Man kann es nur einmal leben.“ Eine Wiederholung gibt es nicht. Besonders gut hat mir gefallen die Protagonisten auf ihrer persönlichen Entwicklung durch die Geschichte zu begleiten. Sie dabei zu begleiten, wie sich ihre Sichtweise aber auch ihre Handlungen im Laufe der Zeit verändern. Obwohl ich die entscheidende Wendung kurz befürchtet habe, hat sie mich letztendlich dennoch unerwartet getroffen und auch sehr mitgenommen. Überhaupt hat mich schon lange kein Roman mehr so angerührt wie „Oben Erde, unten Himmel“.

Fazit:

Meine Rezension endet daher mit einem Zitat aus dem Buch:

„Wenn der Himmel unten wäre und die Erde oben, dann würden wir auf Wolken gehen.“