Rezension

Die Liebe lenkt das Schicksal zweier Schwestern *****+

Das Haus des vergessenen Glücks - Mia Löw

Das Haus des vergessenen Glücks
von Mia Löw

Bewertet mit 5 Sternen

Ausgerechnet, als die New Yorkerin Olivia ihren Mann bei einem unverzeihlichen Verrat ertappt, erreicht sie die Mail eines Berliner Verlages mit einer Einladung nach Deutschland: Sie soll eine Biografie über ihre Großmutter, den deutschstämmigen Broadway- Star Scarlett Dearing, schreiben. Sie zögert, doch als ihr Mann einen tödlichen Unfall hat, den ihre Tochter Vivien traumatisiert überlebt, sagt sie zu. Sie reist mit Vivien nach Berlin, wo die beiden nicht nur auf ein unfassbares Familiengeheimnis stoßen, sondern auch zwei mysteriösen Männern begegnen. N.S. Ich schreibe bewußt nicht den Klappentext vom Buch, weil der sehr viel vom Inhalt verrät.

Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt. Beginnend in den Nachkriegsjahren nach dem Ersten Weltkrieg spielt die andere Zeitebene in der Gegenwart. Handlungsorte sind jeweils Berlin in Deutschland, und New York, Amerika. Es ist die Geschichte von zwei Schwestern, beide vom Temperament her wie Feuer und Wasser. So unterschiedlich wie Charlotte und Karla auch waren, es verband sie doch das Blut, die Geschwisterliebe. Zusammen mit den Eltern und ihren beiden Brüdern lebten sie 1919 in Berlin-Charlottenburg. Professor Wilhelm König war der Patriarch der Familie, sein Wort galt. Seine Frau Gertrud hatte keinen leichten Stand. Charlotte war der ausgesprochene Liebling des Professors, während es bei Gertrud der Sohn Gerhard war. Die Familie zieht bald darauf nach Berlin-Zehlendorf in eine Villa am See.
Im Sommer 2014 erhält die Journalistin Olivia Baldwin eine Mail aus Deutschland, die sie erst einmal nicht beachtet. Olivias Großmutter Scarlett, die im Spätsommer 1932 nach New York ausgewandert war, über sie hatte Olivia einen beeindruckenden Artikel veröffentlicht, der über das Leben der Künstlerin in Amerika handelte. Nun fragte ein Berliner Verlag an, ob sie eine Biografie über Scarlett Deearing schreiben könnte. Sie sei herzlich eingeladen zu einem persönlichen Gespräch nach Berlin.
Die Ereignisse überschlagen sich. Ihr Mann Ethan, von dem sie seit kurzem getrennt lebte, und die Tochter haben einen Unfall, den nur Vivien überlebt. Seitdem leidet diese unter einer Amnesie. An den Tag des Unglücks kann sie sich nicht mehr erinnern, auch nicht an die Geschehnisse.
Olivia fliegt mit ihrer Tochter nach Berlin, zumal sie hofft, Dinge zu erfahren, die Scarlett anscheinend aus ihrem Gedächtnis verbannt hatte. Zwanzig Jahre, die Zeit vor ihrer Einwanderung nach Amerika, konnte man die so einfach auslöschen? Was war es, dass Scarlett aus ihrem Leben verdrängt hatte? Im August 1932 hatte sie auf der Albert Ballin Deutschland für immer verlassen.
Olivia war bei der Großmutter aufgewachsen. Die damals 70-jährige Frau hatte sie nach dem Verlust der Eltern aufgenommen. Die Frage nach der deutschen Familie beantwortete Scarlett kurz und knapp. Sie war als Einzelkind aufgewachsen und beide Eltern waren schon verstorben, als sie Deutschland verließ. Was die Vergangenheit betraf, ließ Scarlett keine weiteren Fragen zu.
In Berlin wird Olivia mit Neuigkeiten überrascht, was das Leben von Scarlett betraf. In ihrem früheren Leben hieß sie Charlotte Koenig und war bereits zu der damaligen Zeit eine bekannte Künstlerin.
Der Verleger übergibt Olivia ein noch unvollendetes Manuskript einer Autorin, dessen Handlung auf Tagebuchaufzeichnungen der beiden Schwestern Klare und Charlotte Koenig basiert.

Geschrieben sind die Kapitel im Wechsel der Zeitebenen. Aber keine Sorge, hier ist es so sorgfältig aufeinander abgestimmt, dass es sich problemlos lesen läßt. Immer im Wechsel der Geschichte um Charlotte und Klara sowie der Familie Koenig und in der Gegenwart von Olivia, Vivien als auch dem Ehemann und Vater hält die Autorin die Spannung aufrecht.

Manchmal hält man ein Buch in der Hand, das sich als ein wahrer Schatz entpuppt.
Charlotte und Klare wie auch Olivia und Vivien haben mich von Anfang an völlig in ihren Bann gezogen. Ich habe mich in der Geschichte wohlgefühlt, was vielleicht auch daran liegen mag, dass Berlin im Herzen meine zweite Heimat ist. Mia Löw hat eine ganz besondere Art und Weise, die Geschichte zu schreiben, dass man nicht aufhören mag zu lesen.
Mit „Das Haus des vergessenen Glücks“ hat mich ein Buch erreicht, welches zu meinen absoluten Favoriten zählt.

Klara ist eine Charaktere, die nicht nur sympathisch ist, sondern auch Stärke zeigt und vergeben kann. Diese Eigenschaften finden sich auch bei Olivia wieder.
Charlotte (Scarlett) war schon als Kind sehr selbstbewusst, denn sie ist kein naives Dummchen. Sie ist eine Frau, die ihr Leben so lebt, wie sie will, die immer alles bekommt, was sie will.

Beeindruckend erzählt Mia Löwe eine Geschichte über Liebe und Freundschaft, Lügen und Schuld sowie Vergebung, aber auch das Schicksal spielt mit. Der Autorin ist es gelungen, detailliert das Leben nach dem Krieg zu beschreiben und auch auf die Stellung der Frau in der damaligen Gesellschaft wird eingegangen. Ganz wichtiges Thema finde ich. Was in den Neunzehnhundertzwanzigerjahren beginnt, und im Berlin 2014 seine Fortsetzung findet, sollte der Leser sich nicht entgehen lassen.

Wunderschön zu lesender Schicksalsroman um ein Familiengeheimnis. „Das Haus des vergessenen Glücks“ ist ein Buch, das ich jederzeit weiter empfehlen werde.