Rezension

Die Melancholie am Ende des Rausches

Der Sommer, in dem F. Scott Fitzgerald beinahe einen Kellner zersägte - Emily Walton

Der Sommer, in dem F. Scott Fitzgerald beinahe einen Kellner zersägte
von Emily Walton

Woran denkt man bei dem Namen Scott Fitzgerald? Ich hatte mit ihm vor allem dieses verbunden: das rauschhafte Leben, Champagnergelage und alles, was zum Klischee der goldenen Zwanziger Jahre gehört. Die Tragik seines Lebens aber, die Kehrseite der Exzesse, die wird in seinem Werk nur zwischen den Zeilen sichtbar. Das schmale Buch von Emily Walton zeigt mit eindringlichen Bildern die länger werdenden Schatten, die das Leben des großen Autors später einhüllen. Sie beschreibt den Sommer 1926 als den Wendepunkt in seinem Leben, das 14 Jahre später im Suff und dem Gefühl tiefer Verzweiflung endete.

Der Sommer, den Fitzgerald zusammen mit seiner Ehefrau Zelda an der Côte d’Azur verbringt, sollte vor allem dem literarischen Schaffen und ansonsten unbeschwerter Sommerlaune gewidmet sein. Fitzgerald hatte seine beiden größten literarischen Erfolge hinter sich und arbeitete an einem Roman, dessen Fertigstellung er seinem Verleger noch für dasselbe Jahr zugesagt hatte. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an seiner Launenhaftigkeit, seinen Stimmungsschwankungen und der Flucht vor sich selbst in Gelagen und Exzessen. Der Roman, der 1926 begonnen wurde, erschien erst acht Jahre später und war wenig erfolgreich.

Waltons Schilderungen von Fitzgeralds charakterlicher Unreife und seiner Sucht nach Geltung sind zugleich amüsant und traurig. Es birgt eine Komik in sich, wenn Fitzgerald seine besten Freunde an der Côte d’Azur, das Ehepaar Murphy sowie die Hemingways, auf die kindischsten Weisen zu brüskieren sucht, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Traurig ist dies, weil diese Handlungen allesamt von Fitzgeralds Hang zur Selbstzerstörung zeugen, der letztendlich die Welt um ein großes Genie ärmer gemacht hat.

Waltons Roman schafft immer wieder diesen Spagat einer Tragikomik, die vielleicht insgesamt kennzeichnet ist für die Zeit der zwanziger Jahre, in der die Welt bereits auf einen Abgrund zusteuerte. So ist es ein großartiger Roman, der die Melancholie einfängt, die sich am Ende eines Rausches mit all seinem Lichter- und Farbenflirren breitmacht. Auch ist es für mich eine lehrreiche Lektüre gewesen. Mein Bild von Fitzgerald und der Zeit, in der er gelebt hat, ist ein anderes, nachdem ich dieses Buch gelesen habe.