Rezension

Die vermeintliche Reue der Angeklagten

Das wirst du bereuen - Amanda Maciel

Das wirst du bereuen
von Amanda Maciel

Bewertet mit 4 Sternen

Saras Leben geht ziemlich den Bach runter - gelinde ausgedrückt. Denn sie hat einen Prozess am Hals, da sie mit ihren Freunden zusammen die Schülerin Emma in den Tod gemobbt haben soll. Sie selbst sieht das aber anders. Schuld? Definitiv nicht! Sie war doch nur wie die anderen, niemand war ein wirklicher Täter. Dummerweise sieht der Rest der Schule das anders und schneidet sie. Dass sie keinen Kontakt mehr zu ihren alten Freunden hat, macht die Sache für sie nicht leichter. Nur zu ihrem Ex-Freund hat sie ab und zu Kontakt, aber auch dieses Verhältnis ist äußerst angespannt...
Aber nun steht der Prozess an, welcher über ihr ganzes restliches Leben entscheidet. Wie wird sich Sara verhalten? Denn wie jeder weiß, ist ein Schuldeingeständnis strafmildernd...

Mich hat das Thema ziemlich interessiert, weil ich wissen wollte, wie sich Sara entscheiden würde. Ich wollte wissen, was sie für eine Entwicklung macht, und worauf der Titel genau anspielt. Der psychologische Aspekt der Reue, der manchmal nur erzwungen eintritt, ist ein Kernpunkt dieser Geschichte. In dieser Hinsicht habe ich mir also wirklich nicht zu wenig erhofft.

Das Cover ist wunderschön und zieht einen sofort in den Bann. Die Botschaft "Das wirst du bereuen" ist eine ganz klare Drohung, nur weiß man leider nicht genau, in Bezug worauf. Gerade deswegen reizte mich das Buch auch so. Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich durch relativ kleine Abschnitte leicht lesen.
Die Zeitsprünge zwischen der Vergangenheit, der Mobbing-Zeit, die teils genau geschildert wird - auch mit Saras wirklichen Gefühlen - und die Gegenwart, die aus der Vorbereitung auf den Prozess besteht, sind nicht verwirrend, sondern einfach und verständlich, wodurch man einen besseren Einblick in Saras Leben bekommt. Teils sieht man, wie ohnmächtig sie gegenüber Brielle, ihrer besten Freundin war. Aber genau das ist zum Teil auch mein Problem: sie mag sich mit ihrer Schuld auseinandersetzen, aber übernimmt nie wirklich die Verantwortung. Immer wird diese auf andere abgewälzt. Am Ende ändert sich das ein bisschen - hier möchte ich nicht zu viel verraten - aber dennoch ist diese Veränderung nicht groß genug, um mich von ihrer kompletten Reue zu überzeugen.

Dementsprechend distanziert war ich dem Geschehen auch die ganze Zeit gegenüber und konnte mich nie mit Sara identifizieren. Emma gegenüber hatte ich gemischte Gefühle, weil ich auch verstehen konnte, wieso Sara sich so ungerecht behandelt fühlt. Dennoch vermisse ich bei Sara einfach die fehlende Einsicht, die sie so viel sympathischer machen würde. Im Gegensatz zu ihrer besten Freundin zeigt sie aber zumindest, dass sie sich mit dem Thema auseinandersetzt und es nicht einfach stur abstreitet. Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass ihre beste Freundin die typische High School Diva ist, die genügend Geld und Charme hat, um alles im Leben zu bekommen, was sie will.

Deswegen möchte ich dem Buch vier von fünf möglichen Sternen geben, weil ich befürchte, dass manche Menschen das Buch falsch interpretieren könnten. Eigentlich ist es super - wenn da eben nicht diese vermeintliche Reue wäre. Die stößt mir ziemlich negativ auf und macht für mich auch in gewisser Weise die ganze Botschaft des Buches kaputt...

Dennoch hat mich das Buch zutiefst bewegt, weil es einem noch einmal ganz explizit vor Augen führt, wie viel kleine Taten anrichten können, wenn sie nur oft genug passieren. Es ist egal, ob man öfter jemanden schikaniert oder nur einmal - irgendwann wird ein Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen und schwere Konsequenzen mit sich ziehen. Dieses Buch beweist, dass wir alle in gewisser Weise eine Verantwortung für unsere Mitmenschen tragen. Dass wir nicht einfach aus Trotz oder gar verletztem Stolz übermütig handeln sollten, weil dies zu etwas führen könnte, was unser ganzes Leben für immer negativ beeinflussen würde.