Rezension

Drei Leben, eine Insel

Die Frauen von Själö - Johanna Holmström

Die Frauen von Själö
von Johanna Holmström

Bewertet mit 3.5 Sternen

Eine kleine Insel im Schärenmeer vor der Küste Finnlands. Karg und abgeschieden. Viel mehr als eine Kirche und ein Krankenhaus findet sich hier nicht. Das ist Själö. Was einst ein Verbannungsort für Leprakranke war, ist seit dem 19. Jahrhundert ein Heim für Frauen mit psychischer Störung. Und leider zumeist auch ein Ort ohne Wiederkehr. Die Frauen dort gelten als unheilbar krank. Doch selbst bei geistiger Gesundheit können einen das Eingesperrtsein, die Isolationshaft, die Trennung von der Familie, die demütigenden Untersuchungen und die Ausweglosigkeit der Situation verrückt werden lassen.

Johanna Holmström beschreibt in ihrem Roman, drei unterschiedliche Frauen, deren Wege sich auf ebenjener Insel kreuzen. Kristina und Ellie kommen als Patientinnen ins Heim, für Krankenschwester Sigrid ist die abgeschiedene Insel ein wenig zur Heimat geworden.

Die Geschichte beginnt mit Kristina, die ihre beiden kleinen Kinder ertränkt hat und wegen dieser Tat auf Själö landet. Ihre Geschichte war sehr interessant zu lesen. Holmström beschreibt anschaulich und einfühlsam, wie es zu diesem Unglück kommen konnte, gibt Einblicke in ihr Leben und ihre erste Zeit auf der Insel. Kristina mochte ich sehr gerne und fand es spannend über diese Frau zu lesen, deren Leben ich so eklatant von unserem heutigen unterschied.

Was ich schade fand war, dass es dann plötzlich einen großen Zeitsprung von ca. 40 Jahren gibt und wir uns mit Ellie beschäftigen, die es aus ganz anderen Gründen nach Själö verschlägt und die nichts anderes als weg will, von dieser Insel. Zwar ist auch auch Ellies Geschichte interessant und spiegelt viel mehr den Klinikalltag wieder als es bei Kristina der Fall war, doch dass ihre Geschichte nun einfach auserzählt sein sollte und sie im Roman kaum mehr als Statistin vorkommt hat mir überhaupt nicht gefallen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Geschichten viel mehr verflochten sind, dass die beiden sich zumindest kennenlernen, irgendwie zusammen agieren. Den harten Schnitt fand ich enttäuschend.

Holmström hat eine durchgehend angenehme Art zu schreiben. Ihr Roman liest sich flüssig, ist unterhaltsam und stellenweise wirklich schön geschrieben ohne kitschig, süßlich oder allzu dramatisch zu werden. Bildhaft beschreibt sie die Insel und bringt einem ihr Personal nahe, die zwar alle auf ihre Art schwierig aber ebenso liebenswert sind.

"Die Frauen von Själö" ist ein ruhig erzählter Roman um verschiedene Frauen und ihre Schicksale. Ich fand es spannend zu lesen, auch wenn man nicht mit viel Drama oder Aktion rechnen darf. Das Thema des Romans hat mich begeistert und interessiert. Die Umsetzung hätte meines Erachtens noch Luft nach oben gehabt. Holmström hat den "echten" Frauen von Själö hiermit ein schönes Denkmal gesetzt.