Rezension

Dresden im Feuersturm

Die Nacht, als das Feuer kam - Sinclair Mckay

Die Nacht, als das Feuer kam
von Sinclair McKay

Bewertet mit 4 Sternen

Sinclair McKay beschäftigt sich in seinem Buch mit einem dunklen Kapitel des Zweiten Weltkriegs: Mit der Bombardierung von Städten, in denen tausende von Zivilisten im vom Bombenhagel ausgelösten Feuerinferno starben. Stellvertretend für diese Städte steht die Stadt an der Elbe Dresden.

 

„Die Stadt ist nun zu einer Art Totem für die Obszönität des Totalen Krieges geworden…. Ihr Name wird mit der totalen Vernichtung in Verbindung gebracht.“

 

Neben einem ausführlichen Vorwort beleuchtet der Autor die Zeit vor, während und nach dem Feuersturm auf Dresden in drei Teilen, die zahlreiche Unterkapitel gefasst sind:

 

Die Katastrophe rückt näher
Die Schreckensnacht
Das Nachbeben

 

In den ersten 222 Seiten beschreibt er die Stadt, ihre Bewohner sowie ihre Kunstschätze und spart dabei die Nazi-Größen und ihre Propaganda nicht aus.

Anschließend wendet er sich unter anderem den Besatzungen der Flugzeugstaffeln, jenen jungen Männern der Royal Airforce und den amerikanischen Luftstreitkräften, die Tag für Tag, Nacht für Nacht ihre Bomben über die Städte des Deutschen Reiches abwarfen, zu.

 

Im Mittelteil wird der gewaltige Feuersturm der Nacht des 13. auf den 14. Februar 1945 detailreich geschildert. Technisch, sachlich, wie die Vorbereitungsarbeiten laufen, wie der Feuersturm vorbereitet wurde. Wann welche Bomben fallen, zuerst die „Christbäume“, dann die „Wohnblockknacker“ und letztlich die Stabbrandbomben, die alles was noch übrig ist, in Flammen aufgehen lassen. Dazu kommen Menschen zu Wort, die als Augenzeugen das Inferno er- und überlebt haben. Das sind zum Beispiel der jüdische Schriftsteller Victor Klemperer, der mit einer arischen Frau verheiratet ist und gerade noch den Transport ins KZ entkommen ist, oder Kurt Vonnegut, ein Amerikaner, der als Kriegsgefangener den Feuersturm miterlebt und später einen Roman darüber schreiben wird.

 

Im dritten Teil „Nachbeben“, es ist März/April 1945 und die Menschen sind mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Sie haben keine Zeit zu trauern, sie müssen überleben. Auf S. 446 wird beschrieben, wie ein Gruppe junger deutscher Soldaten, kaum alter als 17, auf dem Dachboden einer Villa eine Märklin-Modelleisenbahnanlage finden und damit spielen. Für wenige Stunden können sie den Krieg, den Albtraum vergessen.

 

Neben den Dresden wurden ja auch andere Städte Deutschlands zerstört. Man darf auf Hamburg verweisen, das bereits Ende Juli/Anfang August 1943 der „Operation Gomorrha“ zum Opfer gefallen ist und rund 35.000 Tote zu beklagen hatte. Die Opferzahl in Dresden ist immer noch höchst umstritten und wird nach neuesten Erkenntnissen mit bis zu 25.000 angegeben. Die oft 6-stelligen Zahlen stammen aus der Propagandawerkstatt von Joseph Goebbels. Es ist müßig, über die Gesamtanzahl der Toten zu streiten. Ebenso können die berichteten Tieffliegerangriffe verifiziert werden. Auch Historiker Sven Kellerhoff kann keine historisch haltbaren Beweise finden. Nach heutigem Standard sind solche Flächenbombardements als Kriegsverbrechen anzusehen. Doch damals waren die Stimmen, die solches angedeutet haben, zu leise. Der Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki standen ja noch bevor.

 

Meine Meinung:

 

Der Autor hat sich redlich Mühe gegeben, in den Archiven der Stadt Dresden alte Urkunden, Berichte und Akten einzusehen, die den Feuersturm überdauert haben. Zahlreiche Zitate aus Briefen und Zeitzeugenberichte lassen die schreckliche Nacht des Februars 1945 wieder auferstehen.

 

Erschreckend ist für mich die Wiedergabe der Befehle bzw. Korrespondenz zwischen Winston Churchill und Arthur „Bomber“ Harris.

 

Der erste Teil scheint ein wenig zu ausführlich geraten zu sein, denn es dauert „ewig“ bis Sinclair McKay zum Thema kommt. Doch im Nachhinein betrachtet, sind diese vielen kleinen Details notwendig, um die Ereignisse, wenn schon nicht zu verstehen, wenigstens zu sichten und zu sortieren.

 

An manchen Stellen, vor allem zu Beginn, holpert die Übersetzung, was einen Stern kostet. Nebenbei habe ich bei den historischen Fakten den einen oder anderen kleinen Zweifel. Denn ich habe vor einigen Jahren Alexander McKees „Dresden 1945. Das deutsche Hiroshima“ und Götz Berganders „Dresden im Luftkrieg“ gelesen.

 

Fazit:

 

Dieses Buch zeigt, dass der Krieg zwar Sieger und Besiegte hervorbrachte, aber keinen Gewinner, sondern nur Opfer - auf beiden Seiten. Gerne gebe ich diesem Sachbuch, das Zahlen, Daten und Fakten gemeinsam mit Augenzeugenberichten das Grauen dieses Feuersturms lebendig werden lässt, 4 Sterne.