Rezension

Ein beeindruckendes Buch, das die Vielfalt des Judentums zeigt

Die Geschichte des Judentums -

Die Geschichte des Judentums
von Martin Goodman

Bewertet mit 4.5 Sternen

Martin Goodmans Buch »Die Geschichte des Judentums« zeigt auf ca. 700 Seiten (den Anhang mit Anmerkungen, weiteren Literaturhinweisen, auch deutschsprachigen Titeln, und dem Register nicht mitgerechnet) die Vielfalt des Judentums. »Glaube, Kult, Gesellschaft« hat der Verlag Klett-Cotta als Untertitel angefügt – wobei Glaube und Kult/religiöse Handlungen, aber auch die Geschichte in diesem Band zentrale Bedeutung haben und der Begriff Gesellschaft auf Juden in der sie umgebenden Gesellschaft zielt.

Ein Glossar direkt zu Beginn des Bandes, das für die deutsche Ausgabe erweitert wurde, informiert über wesentliche Begriffe, deren Kenntnis man nicht unbedingt voraussetzen kann. Oder es beugt möglichen Missverständnissen vor, indem etwa der Begriff Gesetz erläutert wird: Im Zusammenhang mit der Tora, der »Schrift« bzw. hebräischen Bibel (im engeren Sinne: den fünf Büchern der Weisung/Mose), meint er die Gebote Gottes, die dem Volk Israel gemäß jüdischem Glauben von Gott gegeben wurden. Wenn Mose als »Gesetzgeber« bezeichnet wird, so ist damit gemeint, dass er »Mittler des Wortes Gottes« (S. 13) war, von den Geboten (Mizwot) kündete; als Künder war er Prophet, »denn das Künden vom Wort Gottes war die wichtigste Aufgabe der Propheten« (ebd.; die prophetischen Bücher heißen in der Schrift-Übertragung von Buber und Rosenzweig entsprechend »Bücher der Kündung«). Es geht bei den Mizwot nicht um Gesetze im juristischen Sinn und das Judentum ist keine Gesetzesreligion – die Nächstenliebe, mit der Anerkennung des Anderen als einen ›mir Gleichen‹, ist keine Erfindung Jesu, sondern kommt aus der hebräischen Bibel.

Die ganze Themenbreite des Buchs hier darzustellen ist nicht möglich: Goodman geht auf die Ursprünge des Judentums und des Volkes Israel ein, auf die Entstehung der Bibel, des Texte, des biblischen Kanons, auf die Anbetung Gottes in Tempel und Synagoge. Er beschreibt verschiedene jüdische Gruppierungen aus der Zeit 200 v.d.Z. bis 70 n.d.Z. (christlich: v./n. Chr.), etwa Pharisäer, Sadduzäer, Essener sowie ihre Denk- und Lebensweisen. Geschichtliche Katastrophen wie die Zerstörung des Zweiten Tempels (70 n.d.Z.) werden dargestellt und die Folgen einer Verehrung Gottes ohne Tempel, die Entwicklung des rabbinischen Judentums mit den Amoräern und Tannaiten. Leserinnen und Leser erfahren einiges von Raschi, Maimonides, von Sohar und Kabbala, Kodifizierern jüdischer Lebensweise wie Josef Karo wie auch der Mystik Isaak Lurias, Abulafias oder des ostjüdischen Chassidismus (vielen von Bubers »Erzählungen der Chassidim« bekannt), auch des heutigen Chabad-Chassidismus. Ausführlich geht Goodman auf den falschen Messias Sabbatai Zwi ein und auf Jakob Frank, der aus Offenbach stammte. Zu Wort kommen u. a. ein orthodoxes (etwa Samson Raphael Hirsch), ein konservatives Judentum, die Wissenschaft des Judentums sowie Reformbestrebungen, mit Abraham Geiger und weiteren Entwicklungen bis heute.

Dies alles wird aber nicht einfach »runterberichtet«; Geschichtliches wird u. a. mit Josephus Flavius und Philo von Alexandrien erzählt, Zitate aus »Schrift« und Talmud belegen reichlich das Dargestellte, das Geschehen um Sabbatai Zwi wird im Spiegel der Begeisterung seiner Anhänger gezeigt, die Unterschiede zwischen Orthodoxie und Reformjudentum mit einer Schilderung der Auseinandersetzung wichtiger Beteiligter, u. a. auf Rabbinerkonferenzen in Frankfurt und Braunschweig. Das Ganze ist keine trockene Darstellung!

Der besseren Orientierung über die Geschehnisse dienen Karten jeweils zu Beginn der ersten 5 Teile, denen insgesamt 21 Kapitel zugeordnet sind, und abgerundet wird der Band durch einen umfangreichen Bildteil.

»Die Geschichte des Judentums« ist ein anspruchsvolles Sachbuch und dabei auch für Leserinnen und Leser geeignet, die noch nicht viel vom Judentum wissen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 03. April 2021 um 08:58

Hört sich gediegen und vielversprechend an.