Rezension

Ein Blick hinter die Kulissen des lebenslustigen Adels

Der Blumenkavalier -

Der Blumenkavalier
von Michaela Baumgartner

Bewertet mit 4 Sternen

Der nun bereits dritten Band über die Familie Wohlleben, alter gräflicher Wiener Adel, ist vorrangig der jüngsten Tochter, Fanny, gewidmet. Aber auch Ereignisse und Entwicklungen rund um die beiden älteren Geschwister Georg und Sophie tragen zu einem interessanten und faszinierenden Einblick in die Welt des Adels, Ende des 19. Jahrhunderts in Wien bei.

Der Einstieg in den Roman gestaltet sich ohne Vorkenntnis der beiden vorhergehenden Bände leider etwas schwierig, da man bereits auf den ersten Seiten mit sehr vielen Protagonisten konfrontiert wird und sich dadurch die familiären und auch freundschaftlichen Verbindungen nicht so leicht herstellen lassen. Ist diese Hürde erst einmal überwunden, entfaltet sich ein äußerst unterhaltsames Lesevergnügen.

Fanny, die sich nach tragischen Schicksalsschlägen nur noch wenige Wochen den Einschränkungen des üblichen Trauerjahres fügen muss, hat nichts von ihrer Lebensfreude verloren und fiebert nicht nur dem Ende dieser Zeit, sondern auch ihrem Geburtstag, mit dem sie endlich offiziell die Welt der Erwachsenen betritt, sehnlichst herbei. Beginnt doch damit ein Lebensabschnitt, der bereits mit dem Auszug aus dem Elternhaus in ein eigenes Palais ihre neue gesellschaftliche Stellung dokumentiert.

Sophie, frisch verheiratet mit einem englischen Adligen, fühlt sich alles andere als wohl in ihrer neuen Heimat, wozu auch ihre Schwiegermutter einen nicht unerheblichen Teil beigetragen hat. Die unerwartete Schwangerschaft wird daher umgehend zum Anlass genommen, die Zeit bis zur Geburt bei ihrer Familie in Wien zu verbringen.

Georg, der die Freiheit des Junggesellendaseins zu schätzen und zu genießen weiß, stellt sich zunehmend die Frage, ob seine kurzen und auch leidenschaftlichen Affären wirklich sinnvoll und lebenserfüllend sind. Oder ob es da noch etwas anderes, wichtigeres und Langlebiges gibt.

Und Emilia, Freundin von Sophie und Fanny, deren familiäre Herkunft geklärt werden konnte und von den ihr lange unbekannten adligen Großeltern sehr geliebt wird. Durch die neu entdeckten familiären Verbindungen ist sie nun auch finanziell unabhängig, hat nichts von ihrem ursprünglichen Kampfgeist verloren und ist nicht bereit, ihr selbstbestimmtes Leben zu Gunsten einer Heirat aufzugeben. Sie verfolgt ganz andere Pläne, die gerade bei den Damen ihrer neuen Gesellschaftsschicht zu Irritationen führt.

Der Autorin ist es hervorragend gelungen, authentische und realistische Charaktere ins Leben zu rufen. Dabei jeder einzelnen Charaktere wieder individuelle Charakterzüge mitzugeben, die sich in nachvollziehbaren Eigenschaften, Verhaltensweisen und vor allem aber auch persönlichen Entwicklungen wiederspiegeln. Obwohl es sich um fiktive Personen handelt, gelingt eine überzeugende Identifikation mit deren Gedanken und den sich daraus ergebenden Entwicklungen sehr leicht.

Auch der Romanverlauf, eingebettet in gut recherchierte historisch überlieferte Ereignisse, fesselt und ist in sich schlüssig. Sehr interessant in den Alltag der damaligen Zeit, noch unter dem Einfluss des bekannten Wiener Kongresses, abzutauchen und ihn auf diese unterhaltsame und aufschlussreiche Weise kennenzulernen.

Abschließend noch der Hinweis, dass die Ereignisse der beiden vorhergehenden Bände auf geschickte Weise in die aktuelle Romanhandlung eingefügt wurden. Die wichtigsten Details werden auf diese Weise zwar zur Verfügung gestellt, doch das Interesse an den vollständigen vorhergehenden Romanen wird geweckt.