Rezension

Ein Buch, das man lange nicht vergisst

Ermordung des Glücks - Friedrich Ani

Ermordung des Glücks
von Friedrich Ani

Friedrich Ani ist nach wie vor der Meister des perfekt sitzenden Satzes und der messerscharfen Beobachtung. Ein Buch, das lange nachwirkt.

Der ehemalige Kommissar Jakob Franck überbringt nach seiner Pensionierung auf Bitten seiner ehemaligen Kollegen weiterhin Familien die Nachricht über den Tod eines Angehörigen. In diesem Fall muss er den Eltern des elfjährigen Lennard Grabbe mitteilen, dass ihr Sohn, der vor 34 Tagen verschwunden ist, nie mehr nach Hause kommen wird. Für das Ehepaar und den Bruder der Mutter stürzt eine Welt ein, ein Weiterleben wird nahezu unmöglich. Da die Leiche des kleinen Jungen fernab des Tatorts gefunden wird und das Wetter schlecht ist, ist die Spurenlage mager. Befragungen bringen zwar so manche dunkle Wahrheiten zu Tage, aber ein Mörder ist nicht auszumachen. 

Jakob Franck jedoch lässt nicht locker und muss bei der Suche nach dem Täter nicht nur in fremde, sondern auch in eigene Abgründe blicken.

Ani lässt den Leser teilhaben an den Innenleben seiner Protagonisten, was manchmal fast schmerzhaft schwer zu ertragen ist. Die Verzweiflung der Mutter, die sich in eine eigene Welt zurückzieht, die sprachlose Traurer des Vaters, der nicht nur ein Kind, sondern auch eine Frau verloren hat und der Bruder der Mutter, der die Welt nicht mehr versteht und schwer an einem eigenen, dunklen Geheimnis trägt. All' das beschreibt Ani glasklar mit so treffenden Sätzen, das einen manchmal schaudert.

Es ist vor allem die wunderbare Sprache, die den Leser durch diesen Roman trägt. Sätze wie: "Sie lehnte sich gegen den Kühlschrank und verbot ihren Gedanken in Herznähe zu geraten" oder "Als sie unter der Wittelsbacher Brücke hindurchgingen, war seine Schwester lautlos hinter die Tapetentür seiner Erinnerung zurückgekehrt", sind es, die mich fast atemlos zurückgelassen haben. Wie mit der Lupe werden alle Personen betrachtet und auch die dunkelsten Stellen ihrer Seelen hell beleuchtet. 

Ein wunderbares Buch, das man nicht aus der Hand legen kann und von dem man sich doch wünscht, dass es nicht enden möge. Und so sei Friedrich Ani auch verziehen, dass er zum Schluss einen Mörder beinahe aus dem Hut zaubert. Einen reinen Krimi hätte das entwertet, aber dieses Buch ist glücklicherweise weit mehr als das. 

Eine absolute Leseempfehlung!
Ich hoffe, es gibt ein Wiederlesen mit Jakob Franck.