Rezension

Ein Buch zum Nachdenken!

Schönwald -

Schönwald
von Philipp Oehmke

Bewertet mit 5 Sternen

Viele Probleme, dunkle Geheimnisse innerhalb einer deutschen Familie tauchen nacheinander auf, um erst auf den letzten Seiten einen gefühlsbetonten, dramatischen Abschluss zu finden. Gefühle zu artikulieren, das schafft Ruth nicht besonders aufgrund ihrer väterlichen Erziehung. Vermeidungsstrategie strebt sie an. Ihr Doppelleben gibt ihr Erfüllung jenseits der Familie. Angebliches Nazigeld ihres verstorbenen Vaters bzw. Großvaters löst Konflikte der Vergangenheitsbewältigung aus. Gedanken zur ewigen Schuld für Deutschland und seine wissenschaftlichen Historikerdebatten nach mehreren Jahrzehnten nach Kriegsende sind eingeflochten. Homosexualität steht im Raum ohne tiefer gehende Gespräche. Mit dem Sohn Chris, Literaturwissenschaftsprofessor aus der Ivy-League bzw. seine Aktivitäten bei MAGA - »Make America Great Again« - werden Sexismus und Karriere samt Fußangeln im akademischen Betrieb von Universitäten thematisiert. Wichtig ist hier auch die Frage, ob es besser ist, sich mit Weggucken, Nichtwissenwollen, Halbwahrheiten oder geschönten Versionen durchs Leben zu hangeln wie Bennis Schuldzuweisung an die Eltern zeigt. Neben Ruth als sehr dominante, weibliche Hauptperson mit ihrem Faible für Thomas Mann verzagen die Männer sehr an dem Trio der Hölle bestehend aus Emilia, Milliardärin, dann Karolin, Kampflesbe und der Amerikanerin Kimberley, Trump-Anwältin. Allein schon durch solch starke Charaktere ist ein guter Spannungsbogen gesetzt, gepaart mit gewandtem Schreibstil und gehobener, akzentuierter Wortwahl aus dem Akademikermilieu. Ein tiefgründiges Buch zum Nachdenken!