Rezension

Never complain, never explain

Schönwald -

Schönwald
von Philipp Oehmke

Bewertet mit 5 Sternen

Der Roman beginnt mit der Eröffnung eines queeren Buchladens in Berlin – für die Schönwalds eigentlich ein Grund zum Feiern, doch junge Aktivisten ruinieren die Feier. Sie konfrontieren die Familie mit schweren Anschuldigungen, die nur ein Auslöser dafür sind, dass ganz andere Geheimnisse ans Licht kommen.

Kapitelweise lernen wir die einzelnen Familienmitglieder näher kennen, die im Laufe der Handlung gezwungen werden, ihr Leben zu bilanzieren – zumal sie sich ernsthaft fragen müssen, wie gut sie einander überhaupt kennen. War „Never complain, never explain“ das richtige Lebensmotto? Dass der Autor zeitlich vor und zurückspringt, die Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven erzählt und uns häppchenweise neue Bruchstücke und Einsichten liefert, ist dramaturgisch raffiniert und verstärkt den Eindruck, dass die Fassade immer mehr bröckelt. Auch an aktuellen Debatten und originellen Ideen mangelt es nicht, zum Beispiel die Background-Geschichte des jüngsten Sohnes Benni und wie er mit seiner Frau Emilia zusammenkommt.

Die unterschiedlichen Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, der Sprachstil anspruchsvoll und mit subtilem Humor angereichert. „Wir sind eine Familie mit über Generationen weitergegebenen Strukturen und Kommunikationsformen“ ist für mich ein Schlüsselsatz in diesem Roman, der eine scheinbar heile Familie entlarvend und unterhaltsam seziert.