Rezension

Ein erzählerisches Meisterwerk

Der Spieler - Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Der Spieler
von Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Der Spieler - Fjordor Dostojewski

Fjordor Dostojewski schrieb 'Der Spieler' im Jahr 1866, während er seine Arbeit an 'Schuld und Sühne' unterbrach. Die Geschichte des Protagonisten Alexej Iwanowitsch beruht zum Teil auf persönlichen Erlebnissen Dostojevskis. Das mit 192 Seiten kurze Buch ist unterhaltsam und bietet eine bemerkenswerte Hauptfigur, die zwar versucht, das eigene und das fremde Verhalten rational zu analysieren, jedoch regelmäßig feststellt, dass das menschliche Verhalten nicht den Gesetzten des Verstandes gehorcht.

Handlung

Die Figurenkonstellation im Roman ist kompliziert. Dostojewski versteht es jedoch dieses Beziehungsgeflecht einleuchtend zu erklären.

Alexej Ivanowitsch ist Hauslehrer eines russisches Generals. Dieser wartet mit einigen Familienangehörigen, Bekannten und seinem Gläubiger, einem Franzosen namens de Grieux, in der fiktiven Stadt Kur- und Spielstadt Roulettenburg auf den Tod seiner Tante, die sehr vermögend ist. Der Tod der Tante ist die einzige Möglichkeit, ihn vor dem finanziellen Ruin zu bewahren Gleichzeitig würde es ihm dieser Geldsegen ermöglichen, eine gewisse Madame Blanche, in die der General unsterblich verliebt ist, zu heiraten.
Der Hauslehrer und Ich-Erzähler Alexej Iwanowitsch beobachtet allerlei Intrigen, die sich um das  Geld der Tante drehen und buhlt dazu noch um Polina, in die er wiederum unsterblich verliebt ist. Polina, die Stieftochter des Generals, verspottet und verachtet ihn allerdings nur.
Es kommt zur Katastrophe, als die Tante selbst (anstatt ihrer Todesnachricht) in Roulettenburg erscheint und einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens verspielt.
Madame Blanche, die in die bessere Gesellschaft aufsteigen will, verliert das Interesse am Mittellosen General, De Grieux, der sich ebenfallls einen sozialen Aufstieg erhoffte, verlässt Polina und reist ab. Nun gesteht Polina Alexej ihre Liebe. Im Rausch geht Alexej ins Casino und versucht für Polina die Schulden beim Franzosen De Grieux zu erspielen.

Sprache

Das Buch spielt in einer vornehmeren Gesellschaft, dementsprechend klingen die Dialoge aus heutiger Sicht etwas gestelzt. Das wird aber allein durch die Beschreibung der Spielgesellschaft und den inneren Regungen der Spielsucht mehr als aufgewogen. 

Ein Beispiel: "Es gibt eben zwei Arten zu spielen: die eines Gentlemans und eine plebejsche, selbstische, das ist die der unfeinen Menge, des Pöbels. Hier wird ein strenger Unterschied gemacht; und doch, wie wertlos ist in Wirklichkeit dieser Unterschied! Ein Gentleman wird zum  Beispiel fünf oder zehn Louisdor, selten mehr oder auch, wenn er sehr reich ist, tausend Francs; aber er darf das lediglich um des Spielens willen tun, nur zum Zeitvertreib, eigentlich nur, um den Vorgang des Gewinnens oder Verlierens zu verfolgen; für den Gewinn selbstdarf er durchaus kein Interesse zeigen. Hat er gewonnen, so darf er zum Beispiel laut lachen, zu einem der Umstehenden eine Bemerkung machen; er darf sogar noch einmal setzten und dabei verdoppeln, aber einzig und allein aus Wissbegierde, um die Chancen zu beobachten und Berechnungen anzustellen, aber nicht in dem plebejischen Wunsche zu gewinnen."

Dostojewski beschreibt mit beeindruckender Präzision die äußeren und inneren Vorgänge des Spielens, bis hin zu Spielsucht. Das Lesen macht auch deshalb eine große Freunde, weil man zwischen Zu- und Abneigung zu den Figuren ständig schwankt. Dostojewski vermeidet es durch seine Sprachpräzision weiter, dass sich die Figuren nicht in ein festes Schema drängen lassen.

Fazit

Dostojewski ist ein Klassiker und Meister der Erzählkunst. Wem 'Der Idiot' oder 'Schuld und Sühne' zu lang ist, findet mit 'Der Spieler' ein gutes Einstiegswerk. In Zeiten, in denen Spielsucht (heute vielleicht eher in virtuellen Spielsälen) immer noch ein Thema ist, hat das Buch nach 128 Jahren nicht seine Aktualität verloren.