Rezension

Ein faszinierendes Buch über eine faszinierende Frau

Die Tänzerin - Marion Urch

Die Tänzerin
von Marion Urch

Bewertet mit 4 Sternen

Lola Montez, eine Legende, Femme fatale, das weiß man so über sie. Wer sie wirklich war, erzählt sie uns selbst in diesem Buch sehr anschaulich. 

Eigentlich war sie Irin und hieß Eliza Gilbert. Sie wurde 1821 als Tochter einer ambitionierten Hutmacherin geboren, die sich in sehr jungen Jahren einen Offizier geangelt hatte. Durch die berufliche Versetzung ihres Vaters wuchs Eliza in Indien auf.
Elizas lieblose Kindheit wird hier sehr einfühlsam geschildert. Man lernt sie als lebhaftes, fantasievolles Mädchen kennen, das es allen recht machen möchte, aber im Weg ist. Die Mutter war zu jung und damit beschäftigt, ihren gesellschaftlichen Aufstieg zu betreiben. Deshalb wurde Eliza erst ignoriert und dann abgeschoben. Sie wurde zu Verwandten in Schottland geschickt und besuchte dann ein Internat. Als sie im Alter von 16 Jahren lukrativ mit einem alten Geschäftsmann verheiratet werden sollte, weigerte sich Eliza und damit begann ihr wildes Leben, für das sie berühmt und berüchtigt wurde. 
Sie hatte genug davon, das brave Töchterlein zu sein, wollte nach ihren eigenen Regeln leben, heiratete einen Mann nach ihrer Wahl, egal was die Eltern dazu sagten. Als diese Ehe scheiterte erregte sie Anstoß damit, dass sie unverhohlen eine Affäre mit einem anderen Mann auslebte. Damit verstieß sie gegen jede Etikette und geriet ins gesellschaftliche Abseits. Aus der Not heraus beschloss sie Tänzerin zu werden, nahm Unterricht in Spanien und erfand sich neu. 

Eliza wurde zu Lola Montez, der Tänzerin, die durch temperamentvolle Auftritte und ihre prickelnd erotische Ausstrahlung begeisterte, gleichzeitig aber auch die Moral der biedermeierlichen Welt erschütterte. Frauen hatten bescheiden, züchtig und zurückhaltend zu sein, alles was Lola nicht war. Sie bereiste Europa und polarisierte, war ein beliebtes Thema der Klatschpresse und hatte auch diverse illustre Liebhaber. Einer davon war König Ludwig I von Bayern. 
  
Während ihre Kindheit wirklich schön und nachvollziehbar erzählt wird, hat man in diesem Teil des Buches Schwierigkeiten zu folgen. Sehr sprunghaft wechselt sie Männer und Wohnorte. Oft weiß man nicht, warum sie tut, was sie tut. Auch das politische Umfeld wird kaum beachtet. Möglicherweise hat sie sowohl in Polen als auch in Bayern eine Revolution ausgelöst. Es sind unruhige Zeiten, aber wie viel davon Lola zuzuschreiben ist und wie stark es dort ohnehin gebrodelt hat, kann man anhand dieses Buches nicht sagen. Jahreszahlen werden auch nur sehr sparsam eingestreut. Der Leser gerät ein wenig ins Schwimmen. 

Vielleicht ist es aber auch gar nicht der Anspruch dieses Buches, einen historischen Abriss zu liefern. Wer Lola Montez war und was ihre Faszination ausgemacht hat, erzählt es umfassend und eindrucksvoll. Als sie 1861 mit nur 41 Jahren in Amerika starb, war sie weltberühmt, was eine erstaunliche Leistung ist, wenn man bedenkt, dass sie das weniger durch Talent, als durch medienwirksames Anderssein erreicht hat. 
Ein faszinierendes Buch über eine faszinierende Frau.