Rezension

Ein geniales Krimi-debüt

Frankfurter Kaddisch - Dieter Aurass

Frankfurter Kaddisch
von Dieter Aurass

Bewertet mit 5 Sternen

Mit diesem Debütkrimi gelingt es Autor Dieter Aurass die Leser bis zu letzten Seite zu fesseln. Ich will hier nicht allzu viel verraten.

Inhalt:

Drei Menschen im Pensionsalter, angesehene Mitglieder der jüdischen Gemeinde Frankfurts begehen augenscheinlich und völlig unabhängig voneinander Selbstmord. Dennoch wird sicherheitshalbe eine SoKo eingesetzt, deren Leitung Gregor Mandelbaum erhält.
Gregor stammt selbst aus der jüdischen Bankiersfamilie Mandelbaum und soll vorsichtig das Umfeld erkunden. Gemeinsam mit seinem Team stößt der Ermittler in die ungeahnten Abgründe seiner eigenen Familiengeschichte vor.
Bald ist klar, die Selbstmorde wurden mittels Drogencocktail und Suggestion „ferngesteuert“. Nach und nach offenbaren sich Gregor die Zusammenhänge. Er erkennt, dass ein Serienmörder am Werk ist. Wer wird das nächste Opfer sein? 

Schreibstil/Spannung:

Aurass‘ Schreibstil ist als nüchtern und sachlich zu bezeichnen. Es finden sich kaum Schnörksel, kein Eigenschaftswort ist zu viel. Sehr beeindruckend.

Die Handlung spielt auf zwei Ebenen. Beginnend im Jahre 1931 mit dem Aufkommen und der Machtergreifung der NSDAP umfasst die eine ebene die Machenschaften und Verwicklungen von Saul Mandelbaum bei Arisierung und Deportation.

Die zweite Zeitebene ist das hier und jetzt, in der sich Gregor mit den Untaten seines Onkels in der Vergangenheit auseinandersetzen muss.

Die Spannung ist manchmal kaum auszuhalten. Ich habe das Buch in einer Nacht gelesen. Ich konnte einfach nicht aufhören. Die Verdachtsmomente in die richtige Richtung habe ich recht bald erkannt. Die Auflösung hat mich dann nochmals in die Abgründe der Menschen abtauchen lassen.

Aurass bricht auch dem Tabu, dass alle Juden Opfer wären. Er deckt kriminellen Taten auf, an denen Juden wie Deutsche beteiligt waren. Dieser Ansatz hat mich ganz kurz irritiert, doch ich muss dem Autor recht geben, Stereotype sind hier fehl am Platz

Charaktere:

Da ist zum einem einmal Gregor Mandelbaum. Ein extrem intelligenter Mensch, der an einer leichten Form des Asperger-Syndroms leidet. Seine Art zu kommunizieren, macht es seinem Umfeld nicht leicht, dennoch ist er ein brillanter Ermittler. Ein bisschen habe ich an Mr. Spock denken müssen, der ja als Vulcanier auch keine Gefühle empfinden bzw. äußern kann.

Sonja Savoyen, die Rechtsmedizinerin, kann ihm auf Augenhöhe begegnen. Gleichfalls mit hohem IQ ausgestattet und eine Außenseiterin wie er.

Roman ist durch seine Herkunftsfamilie indoktriniert und der Racheengel schlechthin.

Ein wirkliches Scheusal ist Saul, der ohne Hemmungen mit den Nazis Geschäfte macht. Er eignet sich das Vermögen von Juden, die er ohne mit der Wimper zu zucken in den Tod schickt, an. Um seine Machenschaften weiterhin zu verschleiern, schreckt er auch Mord innerhalb seiner eigenen Familie nicht zurück.

Fazit:

Ein wirklich gut gelungenes Krimidebüt, das an Spannung kaum zu überbieten ist. Volle 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung!
Ich hoffe, auf eine baldige Fortsetzung.