Rezension

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Ein gutes Buch mit vielen Wendungen!

The Hike -

The Hike
von Lucy Clarke

Bewertet mit 4.5 Sternen

Geht unter die Haut und lässt einen vielleicht das nächste Mal zweimal über eine Reise nach Norwegen nachdenken :)

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Dieses Buch zu lesen war eine Achterbahn der Gefühle. Zum einen eben, weil auch in der Geschichte viele Hochs und Tiefs zu verzeichnen sind, aber auch, weil ich mir sehr sehr sehr unschlüssig über meine Haltung zu diesem Buch bin.

Liz und ihr Mann Patrick nehmen sich eine Auszeit auf Probe, deshalb kommt ihr der alljährliche Freundschaftsurlaub mit ihren drei Freundinnen Joni, Maggie und Helena nur recht. Die Freundinnen aus Kindertagen führen diese Tradition gerne weiter, jedes Jahr aufs Neue sucht sich jemand anderes ein Reiseziel und die anderen drei ziehen mit und bereisen somit die unterschiedlichsten Orte dieser Welt. Doch Liz schwebt eine große Sache vor: Sie will Abenteuer - und was ist schon abenteuerlicher als Wildcampen in Norwegen? Tagelang die reine Natur und kein Weg zurück - die Besteigung des Blafjell ist eine wahre Herausforderung, doch die strukturierte Liz sieht darin kein Problem. Ihre Freundinnen, die sich eigentlich mehr auf Sonne, Sommer, Strand und Cocktails gefreut haben, können damit eher nichts anfangen, aber willigen Liz zuliebe ein. Immerhin kann sich keine der vier von den eigenen Problemen freisprechen - sie alle brauchen mal eine Auszeit aus ihrem Leben, sei es wegen der stressigen Karriere, des Ehepartners oder um sich selbst kennenzulernen, die besten Freundinnen haben viel aufzuholen.

Was schön und organisiert beginnt, soll schon schnell eine Kehrwende machen. Nicht alles ist so friedlich wie es scheint - und das Gebirge birgt große Geheimnisse, was die vier Frauen auf die harte Art und Weise lernen müssen, denn nur drei von ihnen kommen lebend wieder nachhause.

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Zuerst möchte ich kurz auf das Cover eingehen, welches ich wirklich für mehr als gelungen empfinde. Die reflektierenden Blutspritzer fallen erst bei genauerem Hinsehen auf und der Ausblick auf die Natur trügt mit seiner Friedlichkeit. Einen Thriller mit so einem beruhigenden Atmosphäre und der Kombination des spannenden Klappentexts und den schon eben angesprochenen Blutspritzern gefällt mir sehr gut. Lucy Clarke nutzt allgemein die Version des Fensters als Cover gerne und scheint darin ihren eigenen Stil gefunden zu haben - das schätze ich sehr wert und hat für mich definitiv auch einen ästhetischen Hintergrund.

Die Charaktere sind super. Die Entwicklung im Laufe des Buches ist nahezu zum Greifen nah und ist so perfekt herausgearbeitet! Das verdient ein besonders großes Lob. Die Charaktere scheinen alle nachvollziehbar zu sein und doch schafft es Clarke bis zur letzten Sekunde zu verheimlichen wer nun gut und wer böse ist. Ich beneide die vier zum Teil um ihre Freundschaft, denn keine von ihnen ist perfekt und jede macht Fehler und doch halten sie zusammen - komme was wolle. Clarke arbeitet auch mit sehr wenigen Personen, was für einen Thriller normalerweise ein sehr großes Risiko darstellt, denn umso weniger Charaktere, desto höher die Wahrscheinlichkeit wann es rauskommt.

Auch die Form der Cliffhanger nach jedem Kapitel sind sehr intelligent verwendet. Man schafft es nur sehr schwer das Buch zur Seite zu legen und da die Kapitel ständig zwischen den vier Freundinnen wechseln, wird es auch nicht langweilig. Sie sind alle sehr unterschiedlich und haben eigene Probleme, Vergangenheiten und Meinungen zueinander.

Das Konzept die Wanderung und die Suche parallel abzubilden fand ich sehr überraschend, denn man hat in gewisser Weise zu keinem Zeitpunkt so wirklich eine Vorstellung haben können, was genau passiert. Wenn man eine Tendenz hatte, dann war diese häufig wenige Seiten später erneut widerlegt. Dabei bleiben von Beginn an viele Fragen offen: Welche der vier Freundinnen wird sterben und auf welche Art? Wer ist die/der Mörder/in? Wer liegt auf dem Felsvorsprung? Und was ist diese Energie im Wald?

* Achtung, ab hier könnten Spoiler enthalten sein

Ich finde die Auflösung gegenüber all diesen positiven Gefühlen die ich eben geäußert habe, sehr einfach, was mich sehr enttäuscht hat. Es ist schade, dass nicht die menschlichen Abgründe selbst Antrieb waren, sondern der Druck von externen Personen. Da nur wenige Charaktere gab, kamen auch nicht viele mögliche Täter infrage, jedoch hat Clarke es gut gelöst und bis zum Ende falsche Fährten und Misstrauen verstreut und auch ich bin immer wieder auf das Hin und Her reingefallen. Trotzdem hätte ich mir mehr gewünscht als Drogen und eine kurze Haftstrafe - außerdem erschienen mir die drei Überlebenden im nachhinein nicht psychisch geschädigt genug. Sie haben Tage des Horrors hinter sich? Da sollte es nicht so einfach sein, wieder die Wanderschuhe anzuziehen und loszugehen. Aber naja, vielleicht sind die drei Damen einfach besonders stark im Nehmen.

* Spoiler ist beendet, ab hier kann unbesorgt weitergelesen werden

Völlig abgesehen davon, dass ich vom Ende schließlich etwas enttäuscht war, hat das Buch mich voll in seinen Bann gezogen und Lucy Clarke ihr Können bewiesen und dafür Hut ab! Von mir gibts an alle Thrillerfans da draußen eine Leseempfehlung :)