Rezension

Ein herausfordernder Roman

Betrug -

Betrug
von Zadie Smith

Bewertet mit 3 Sternen

Mit ihrem Roman „Betrug“ führt uns Autorin Zadie Smith ins 19. Jahrhundert. Seinerzeit erregte der Tichborne-Fall großes Aufsehen. Ein Mann, wahrscheinlich ein Metzger aus Australien, behauptete der verschollene Sohn und Erbe der Lady Tichborne zu sein. Als Zeuge soll der ehemalige Sklave Andrew Bogle aussagen. Um diesen Prozess herum rankt sich die Geschichte der verwitweten Mrs. Eliza Touchet, die ihrem angeheirateten Cousin, dem ehemals erfolgreichen Schriftstellers William Ainsworth, den Haushalt führt. Als sie die Gerichtsverhandlung besucht, kommt sie mit Bogle ins Gespräch und erfährt seine höchst eigene Geschichte.

Die Autorin hat es mir wahrlich nicht leicht gemacht mit ihrem Roman. Die Zeitsprünge und Perspektivwechsel wie auch die unterschiedlichen Namen der Beteiligten erfordern höchste Aufmerksamkeit beim Lesen. Manches ist nur angedeutet und man muss sich selbst einen Reim darauf machen, was dahintersteckt. Gefallen hat mir allerdings die Sprache, die wirklich toll, manchmal sogar witzig ist.

Von den Personen ist mir eigentlich niemand wirklich sympathisch, ausgenommen Eliza Touchet, die eine beeindruckende Frau ist. Ihr Leben ist nicht immer einfach gewesen. Sie ist unangepasst, klug und selbstkritisch, hat einen realistischen Blick auf das Leben und die Umstände und weiß auch den eigentümlichen Ainsworth richtig einzuschätzen. Er betrachtet sich als Genie, hat einen erfolgreichen Roman verfasst und ansonsten nicht viel zustande gebracht. Eliza zweifelt sogar, ob er talentiert ist. Aber auch Bogles Geschichte ist interessant.

Während Eliza versucht, der Wahrheit im Tichborne-Fall näher zu kommen, setzt sich so nach und nach ein Bild zusammen.

Wie der Romantitel besagt, geht es um Betrug und Wahrheit. Aber es geht auch um das Frauenbild jener Zeit, um Rassismus, Kolonialismus und die gesellschaftlichen Umstände. Die Themen sind auch heute noch aktuell.

Wirklich begeistert hat mich dieser ausschweifende Roman nicht. Man muss sich auf ihn einlassen können.