Rezension

Ein Juwel !

Jahre mit Martha -

Jahre mit Martha
von Martin Kordic

Bewertet mit 5 Sternen

Der in der Ich-Form geschriebene Roman erzählt die Geschichte von Zeljko und Martha. Der Erzähler Zeljko, zunächst Jimmy genannt, geboren in der Herzegowina , lebt mit seiner Familie zu fünft in einer 2-Zimmerwohnung in Ludwigshafen .Er ist zu Beginn 15 Jahre alt, sein Vater arbeitet als Bauarbeiter und Hausmeister und seine Mutter als Putzfrau an verschiedenen Stellen, u. a. bei der Professorin Martha Gruber in Heidelberg. Durch seine Mutter lernt er Martha kennen, die ihm einen Ferienjob bei sich Zuhause als Gärtner gibt. Es entwickelt sich eine Liebesbeziehung, die jahrelang andauert. Jimmy ist wissbegierig, studiert mit einem Stipendium in München und arbeitet während seines Studiums bei dem Professor Alex Donelli mit dem er eine Beziehung beginnt und der ihn ausnutzt. Der Roman spielt nun in München, auf der Nordseeinsel Juist, in der Herzegowina und schließlich wieder in Ludwigshafen und Heidelberg. Die Liebe zu Martha zieht sich durch die ganze Geschichte.

Das Einzige, was mir an dem Buch nicht gefällt, ist das Cover. Es ist mir zu altbacken und wird der recht freizügig erzählten Geschichte, in der u. a. sexuelle Abhängigkeit, homoerotische Liebe, der Konsum von Marihuana vorkommt, nicht gerecht.

Es geht um die Liebesgeschichte zwischen einem ca. 20 Jahre jüngeren Mann und einer älteren Frau, die nicht nur der Altersunterschied trennt, sondern auch die soziale Herkunft. Der Erzähler stammt aus einer Arbeiterfamilie, die Frau aus der akademischen Oberschicht. Es geht aber auch um die Identität von Einwanderern aus dem ehemaligen Jugoslawien und insbesondere ihren in Deutschland aufgewachsenen Kindern. Die Gegensätzlichkeit der Welt der eingewanderten Arbeiterfamilie und der Welt der Bildungselite wird sehr gut dargestellt, sowohl in der Beziehung zu Martha als auch in der Beziehung zu Donelli.

Den Schreibstil empfand ich als sehr schön und tief berührend. Die Charaktere erschienen beim Lesen sehr eindrücklich vor meinem geistigen Auge. Auch die Beschreibung der tiefen Verzweiflung des Erzählers, die er während seiner Zeit als Webetexter in München empfindet, S. 204, finde ich grandios gelungen.
Sehr gefallen haben mir auch die Segelszenen mit Martha rund um Juist.

Kordic hat die Gabe, Gefühlszustände und menschliche Beziehungen in ihrer Komplexität wunderbar nachvollziehbar zu schildern. Auch das Ende des Romans fand ich gelungen, beim Ende eines Romans hapert es meistens, aber hier schließt sich der Kreis wunderbar.

Einer der besten Romane, den ich dieses Jahr gelesen habe und sehr zu empfehlen. 5 Sterne für dieses Juwel !