Rezension

Ein Kriminalroman mit politischem Hintergrund

Polivka hat einen Traum - Stefan Slupetzky

Polivka hat einen Traum
von Stefan Slupetzky

Bewertet mit 4 Sternen

Als der Wiener Bezirksinspektor Polivka zu einem Toten in der Franz-Josefs-Bahn gerufen wird, sieht zunächst alles nach einem Unfall aus. Es gab eine Notbremsung, in deren Folge der Tote offenbar so unglücklich gestolpert ist, dass er sich das Genick gebrochen hat. Als Polivka jedoch kurz darauf eine gefesselte Frau auf der Bahnhofstoilette findet und die vor einer Befragung die Flucht ergreift, ist er überzeugt davon, dass es sich um einen Mord handeln muss. Von seinem Chef wird er aufgefordert, den Fall zu den Akten zu legen. Doch als er von ähnlichen Unfällen in ganz Europa erfährt und diese ihn erneut auf die Spur der mysteriösen Frau von der Bahnhofstoilette führen, beginnt für Polivka eine brisante Reise durch Frankreich, Belgien und Österreich.

Das Buch beginnt nicht gleich mit dem eigentlichen Fall, um den sich der Rest des Buches drehen wird, sondern mit einem anderen Toten im Zug, der mit einer Gurke erstickt wurde. Polivka gelingt es schnell, den Fall mit unorthodoxen Methoden inoffiziell aufzuklären. So kann man einen ersten Eindruck vom eigenwilligen Ermittler gewinnen, bevor sich das Buch nach einigen Seiten dem Hauptfall zuwendet.

Ich habe gut in das Buch hineingefunden und mich schnell an Polivkas doch recht eigenwilligem Charakter gewöhnt. Das Tempo zu Beginn ist hoch, schnell ist ein erster Fall aufgeklärt und Polivka sitzt auf den Spuren des mysteriösen Unfalls in betrunkenem Zustand im Nachtzug nach Paris. Etwas Schwierigkeiten bereitete mir allerdings der Wiener Dialekt, in dem die Gespräche, vor allem während sich Polivka noch im der Heimat befindet, abgedruckt sind. Gut gefallen hat mir der intelligente Witz und der trockene Humor, den das Buch immer wieder an den Tag legt.

Auf seiner Reise findet sich Polivka immer wieder in gefährlichen Situationen wieder. Begleitet wird er dabei unter anderem von seinem Kollegen Hammel, der ihm treu zur Seite steht, und einer Frau, die nicht nur Polivkas berufliches Interesse weckt. Im Verlauf der Geschichte kommen allmählich noch einige weitere Charaktere hinzu, über die ich an dieser Stelle nichts verraten möchte.

Nach und nach eröffnet sich Polivka eine höchst verzwickte Geschichte mit starkem politischem Hintergrund. Stefan Slupertzky spricht ein Thema an, das sicherlich höchst aktuell ist und den Leser zu der Frage veranlasst, wie viel davon tatsächlich Realität ist oder werden könnte. In der zweiten Buchhälfte ist die Handlung daher von politischen Dialogen geprägt. Diese erfordern ein intensives und konzentriertes Lesen, wurden von mir allerdings als zäh empfunden. Die Ermittlungen enden schließlich höchst abrupt, was dann noch geschehen ist erfährt man vor allem in Form kurzer Zeitungsartikel. Dieses Stilelement konnte mich leider ebenfalls nicht ganz überzeugen.

„Polivka hat einen Traum“ bietet einen verschrobenen, aber amüsanten Inspektor und eine Ermittlungsreise durch Europa mit starkem politischem Hintergrund. Das Buch ist lange Zeit temporeich und spannend, die politischen Dialoge zum Ende hin empfand ich allerdings als zäh. Ich kann diesen Kriminalroman vor allem an (europa-)politisch interessierte Leser weiterempfehlen.