Rezension

Ein melancholischer Roman

TEXT - Dmitry Glukhovsky

TEXT
von Dmitry Glukhovsky

Bewertet mit 3 Sternen

Nach sieben Jahren Straflager darf Ilja endlich nach Hause zurückkehren, doch schnell stellt er fest, dass er nicht einfach so sein altes Leben weiterleben kann. Seine Mutter ist kurz vor seiner Ankunft verstorben und seine Freundin hat längst einen anderen Mann. Vor lauter Wut sucht er Petja auf, der ihm damals Drogen untergeschoben hat und bringt ihn ihm Affekt um... .
In diesem etwas schwermütigem, aber sprachgewaltigem Roman erzählt Dmitry Glukhovsky von einem jungen Menschen, dem übel mitgespielt wurde und der sich mit einer schrecklichen Tat im Nacken nun in Moskau durchschlagen muss. Dabei übernimmt Ilja quasi das Leben seines größten Feindes mit dessen Smartphone und kommt damit erstaunlich gut durch.
Ilja ist von Anfang an keine sympatische Figur. Obwohl ihm wirklich übel mitgespielt worden ist, hat man nur zeitweise etwas Mitleid, weil er sich ziemlich schnell in eine sehr kritische Richtung entwickelt. Anstatt zu versuchen, sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken, wird er zum Mörder und verbaut sich seinen Neustart gleich selbst. 
Das eigentlich spannende an Iljas Geschichte ist jedoch, dass er das Smartphone von Petja an sich und so auch gleich dessen Leben übernimmt. Für mich war dabei erschreckend, wie einfach und schnell scheinbar anhand von Textnachrichten, Bildern und E-mails, rekonstruiert werden kann, wie eine Person lebt und was sie tut. Vor allen Dingen zeigt sich im Roman auch, wie einfach es Ilja fällt, Petja nachzuahmen und seinen Kontakten wie der Mutter, der Freundin und Kollegen so zu antworten, dass dessen Verschwinden ihnen gar nicht auffällt.
Der Autor schreibt melancholisch und schafft es, den Geisteszustand, die Hoffnungslosigkeit und die Gefühle von Ilja sehr gut darzustellen. Leider wird die Zeit im Straflager im Roman völlig ausgeklammert und kaum bis gar nicht beschrieben, was ich sehr schade fand.
Insgesamt hat mich ,,Text" letztendlich etwas ratlos zurückgelassen und ich hatte mir auch etwas mehr Spannung versprochen. Letztendlich hat das Buch meinen Geschmack nicht ganz getroffen, aber dennoch empfehle ich es hier weiter.