Rezension

Ein sehr unterhaltsames Buch, mit viel Wärme und Witz. Alzheimer wird den Menschen näher gebracht, aber die Schattenseite wird nicht beachtet.

Pardon, Monsieur, ist dieser Hund blind? - Herve Jaouen

Pardon, Monsieur, ist dieser Hund blind?
von Hervé Jaouen

Véro ist 13 Jahre alt und lebt zusammen mit ihren Eltern und ihrem großen Bruder. Von einem Tag auf den anderen soll sie hier Zimmer räumen, denn ihre Omama wird zu ihnen ziehen, da diese nun nicht mehr alleine leben kann. Sie hat Alzheimer. Für die Familie bedeutet das eine ziemliche Umstellung und die Omama sorgt für allerlei Chaos, bringt ihre Lieben allerdings auch zum Lachen – wenn auch unfreiwillig. Sie plündert nach die Küche, versteckt alles mögliche unter ihrer Matratze, telefoniert stundenlang ins Ausland oder schwelgt in Kindheitserinnerungen.

Ich bin mit sehr gemischten Gefühlen an dieses Buch herangegangen, da ich genau weiß wie heimtückisch die Krankheit Alzheimer ist. Obwohl das Buch lustig geschrieben ist, hat es mich sehr mitgenommen, da Alzheimer eben nicht so komisch ist wie dort dargestellt. Es werden nur die Anfänge gezeigt, die mitunter wirklich zum Lachen sind, aber wo sind die Schattenseiten? Die Menschen vergessen zu Essen, sie nässen sich ein, sie werden aggressiv und sie erkennen einen überhaupt nicht mehr wieder – nicht mal die eigene Enkelin. Ich weiß wovon ich schreibe, mein Opa hat Alzheimer im Endstadium. Es ist zwar sehr schön, wie hier mit dem Thema umgegangen wird, aber mir fehlt da etwas die Tragik an der Geschichte.
Der Schreibstil von Hervé Jaouen konnte mich absolut begeistern und ich würde sehr gerne weiter Bücher des Autors lesen. Er hat geschafft diesem Buch eine Wärme und einen Witz zugeben, dass ich mich beim Lesen sehr wohlgefühlt habe und das trotz dieses Themas.
Mir haben die Kapitel gefehlt, denn das Buch ist lediglich in 4 Jahreszeiten aufgeteilt, wobei jede Jahrzeit mehrere Absätze hat und so werden die verschiedenen Anekdoten/Abschnitte der Geschichte untergliedert.
Die Geschichte wird in der Ich-Form aus Véros Sicht erzählt. Wer jetzt denkt, dass er es dann mit einem Jugendbuch zu tun hat, da Véro erst 13 Jahre alt ist, der irrt sich. Es geht hauptsächlich um ihre Omama und wie die Familie mit ihrer Krankheit umgeht. Ab und zu fließt mal eine kleinen Schwärmerei oder auch ein Streit mit ihrem Bruder ein, aber das ist ziemlich nebensächlich.
Ich war von den Charakteren sehr angetan, vor allem Maman und Omama konnten mich begeistern. Beide strahlen viel Wärme aus, ganz im Gegensatz zum Onkel und seiner Frau Katha. Die beiden (besonders Tante Katha) könnten gut Eiswürfel darstellen. Wie sie mit Omama umgehen finde ich ganz furchtbar, aber das gehört nun mal zur Geschichte und ohne die beiden würde auch etwas fehlen.
Das Buch hat mich wirklich positiv überrascht und ich habe sehr gerne (und sehr schnell, was ein gutes Zeichen ist) gelesen. Warum dann keine volle Punktzahl? Mir hat die Tragik an der Krankheit gefehlt, ganz einfach. Wenn man es nur als humorvolles Buch betrachten würde, hätte es die volle Punktzahl absolut verdient. Auf Grund meiner eigenen Erfahren, kann ich aber nicht nur die humorvolle Seite betrachten.