Rezension

Ein Spiel gerät außer Kontrolle

Rachemeer -

Rachemeer
von Juna Kristensen

Bewertet mit 4.5 Sternen

Psychospielchen und Manipulation die in einer Katastrophe enden

Die Geschichte:

Zehn Jahre sind vergangen, seit Psychologin Svea im letzten Schuljahr vor dem Abitur mit ihren Freunden ein Spiel gespielt hat, das mit dem Tod eines Mädchens geendet hat. Eigentlich hatten sich die damals Jugendlichen nur gegen Mobbing zur Wehr setzen wollen. In regelmäßigen Abständen hatten sie sich in einem alten Farmhaus getroffen, um bei einem Kartenspiel eine sogenannte Rachekarte auszuspielen. Wer die Karte bekam, durfte sich mit einem Streich an demjenigen rächen, der sie oder ihn gemobbt hatte. Ein Spiel ging allerdings schief. Zehn Jahre lang hat Svea versucht, die Ereignisse von damals zu vergessen. Bis sie eine Sprachnachricht von ihrer Schulfreundin Rachida, die ebenfalls zur Gruppe gehörte, erhält. Eine Nachricht, die nichts Gutes verheißt. Zumal Rachida plötzlich verschwindet. Die Gruppe wird von einer unbekannten Person ins alte Farmhaus eingeladen und gezwungen, das Spiel noch ein Mal zu spielen.

Mein Eindruck:

Die Autorin hat mich von Anfang an gefesselt und in die Geschichte hineingezogen. Schon der Prolog ist spannend und reizt dazu weiterzulesen, so dass ich den Roman kaum aus den Händen legen konnte. Ich habe mit den einzelnen Figuren gelitten, konnte die Reaktionen von Karli, die eigentlich Charlotte heißt, nicht nachvollziehen, hatte Mitleid mit deren Zwillingsbruder Raik sowie Anton, die beide immer wieder Opfer von Tanjas fiesen Mobbingattacken wurden, und habe tiefstes Misstrauen gegen Jeremias gehegt. Dabei ist die Auflösung eine logische Folge der Ereignisse. Der Mörder ist eigentlich schon früh zu erkennen. Wenn man eben ganz logisch und psychologisch denkt. Dazu lässt einen die Autorin aber gar nicht erst kommen. Zu schnell folgen die Ereignisse aufeinander, zu leicht lässt man sich vom Offensichtlichen ablenken.

Interessant ist der Zeitenwechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart der einzelnen Kapitel, die im Grunde aufeinander zulaufen und immer wieder ein Stückchen der Geschichte enthüllen – bis es zum dramatischen Showdown kommt.

Die Charaktere hat Juna Kristensen sehr gut ausgearbeitet, wobei sie Entwicklungen, die die einzelnen Protagonisten im Verlauf der zehn Jahre und ihrer Ausbildung gemacht haben, einbezogen hat.

Die Erzählweise der Autorin ist im Großen und Ganzen sehr angenehm, lässt sich gut lesen und ist wie gesagt sehr fesselnd. Nur mit einer Art habe ich ein Problem. Ich mag es nicht, wenn ein Nebensatz kein Personalpronomen enthält. Als Beispiel:
Die blickte ihr entgegen, doch konnte sich nicht rühren.
Um zwölf begehrte sie ein weiteres Mal auf, aber erhielt die gleiche Antwort.
In der Umgangssprache würde man, glaube ich zumindest, nie so aussprechen.
Für mich würden die Sätze heißen:
Die blickte ihr entgegen, doch sie konnte sich nicht rühren.
Um zwölf begehrte sie ein weiteres Mal auf, aber sie erhielt die gleiche Antwort –
oder …, sie konnte sich aber (jedoch) nicht rühren; respektive: … , sie erhielt aber die gleich Antwort.

Laut Duden ist die Schreibweise der Autorin zwar richtig, aber wie gesagt ich finde sie steif.

Das ist aber tatsächlich das Einzige, das ich bemängeln kann.

Fazit:

Juna Kristensen hat mit Rachemeer in der Neuauflage von Rachekarte einen sehr spannenden, psychologisch ausgefeilten Thriller veröffentlicht, der an der Nordsee spielt. Die Atmosphäre der Küste im trüben und nieseligen Herbst wird super vermittelt. Beim Lesen kann es einem richtig kühl werden – ob von der Beschreibung des Nordseewetters oder von den Ereignissen, muss jeder selbst erkunden.

Leseempfehlung:

Von mir gibt es viereinhalb Sterne. Der Thriller ist absolut lesenswert. Der halbe fehlende Stern ist der oben geschilderten Schreibweise geschuldet.