Rezension

Ein Spion, zwei Geschichten. Welche ist wahr?

Der Ire -

Der Ire
von Peter Mann

Bewertet mit 3 Sternen

„Der Ire“ von Petermann ist ein historischer Thriller, der im September 1945 spielt, in den unmittelbaren Nachkriegswirren. Die Geschichte dreht sich um zwei Manuskripte, die in den Trümmern von Berlin gefunden wurden und widersprüchliche Versionen des Lebens eines irischen Spions während des Zweiten Weltkriegs erzählen.

 

Die eine Version wird als Tagebuch eines deutschen Offiziers dargestellt, der von einem charismatischen IRA-Kämpfer berichtet, der die geplante Invasion Großbritanniens durch Deutschland unterstützen sollte. Das zweite Manuskript hingegen schildert eine vollkommen andere Darstellung desselben Spions, offenbar aus seiner eigenen Sicht. Diese zwei parallelen Erzählstränge, die Kapitel für Kapitel abwechseln, geben der Geschichte eine interessante Struktur. Es entsteht eine Dynamik, die den Leser herausfordert, beide Perspektiven ständig im Blick zu behalten.

 

Was den Aufbau betrifft, ist die Idee, die beiden Geschichten so eng miteinander zu verweben, durchaus reizvoll. Die Spannung entsteht dabei nicht nur durch die Handlung, sondern vor allem durch die Frage, welche der beiden Versionen der Wahrheit näherkommt – oder ob überhaupt eine davon authentisch ist. Petermann gelingt es, durch den Einsatz von Spitznamen und Decknamen eine zusätzliche Schicht der Unsicherheit zu schaffen, die die Leser in ständiger Ungewissheit hält.

 

Allerdings könnte diese Struktur auch als verwirrend empfunden werden, vor allem da die Kapitel ohne klare Abgrenzung zwischen den beiden Perspektiven übergehen. Diese Unsicherheit darüber, welche Erzählung gerade im Vordergrund steht, und der fehlende eindeutige Anhaltspunkt, welche Geschichte glaubwürdiger ist, kann für manche Leser überfordernd sein. Besonders wer nicht regelmäßig Thriller liest, könnte Schwierigkeiten haben, sich in die Geschichte einzufinden.

 

Die direkte Erzählweise und der rasche Einstieg in die Handlung lassen wenig Raum für lange Einführungen, was den Lesefluss zwar beschleunigt, aber auch dazu führen kann, dass man sich zu Beginn orientierungslos fühlt. Für Thriller-Fans, die besonders an der historischen Nachkriegszeit interessiert sind, dürfte „Der Ire“ dennoch ein packendes und tiefgründiges Werk sein, das durch seine doppelbödige Erzählweise und die ständigen Zweifel an der Wahrheit Spannung bis zum Schluss erzeugt.

 

„Der Ire“ ist kein leichter Thriller für Einsteiger, sondern ein anspruchsvolles Werk, das mit seinen parallelen Erzählungen den Leser fordert und ihn ständig im Unklaren über die Wahrheit lässt. Wer eine Vorliebe für historische Thriller hat und bereit ist, sich auf eine komplexe, mehrschichtige Geschichte einzulassen, wird an diesem Buch Gefallen finden.