Rezension

Ein sprachlich wohlformulierter Krimi, der viel zwischen den Zeilen erzählt…

Helga räumt auf - Thomas Raab

Helga räumt auf
von Thomas Raab

Bewertet mit 4 Sternen

„Jeder weiß bereits alles und der eine möglicherweise mehr von dem anderen, als der andere von sich selbst. Herzlich willkommen in Glaubenthal!“

Kapitel 24

 

Der Zeugnistag steht bevor, die ruhige Zeit im Jahr, wenn die Glaubenthaler gen Süden reisen, bricht an… Normalerweise, denn diesen Sommer ist alles anders. Eine seit Jahren schwelende Familienfehde gerät außer Kontrolle und eine Spur von Leichen zieht sich durch den sonst so beschaulichen Ort.

Ihnen auf der Spur: die alte Huber Hanni, die sich nicht gerne was vordenken lässt, und sagen schon gar nicht.

 

Was habe ich den Vorgängerband „Walter muss weg“ genossen und mich auf ein denkwürdiges Wiedersehen in Glaubenthal gefreut! Und Thomas Raab hat nicht an Spitzfindigkeit und Wortgewandtheit verloren! Ob es der Eastwood Clint ist, der uns darauf stößt, dass auf dem Land der Nachname zuerst genannt wird, oder der liebevoll schimpfende Busfahrer, der seine Rotzpippn neuerdings gendert…

Alles kommt auf den Tisch, schmutzige Affären, sündige Pfarrer, häusliche Gewalt… und leider für mich ein wenig zu viele Verirrungen und Verstrickungen. Auch wenn sich die alte Huber dann mal eine Skizze macht, wer wie mit wem und was daraus wurde, irgendwie habe ich bis zum Schluss all die Verhältnisse, ob verwandschaftlicher oder anzüglicher Natur, entschlüsseln können.

Dennoch begeisterte mich der Autor erneut mit seiner sprachlichen Begabung, seiner unglaublichen Beobachtungsgabe und seiner Fähigkeit, das ländliche Leben mit allen Höhen und Tiefen zu analysieren!

Seine Motive sind verständlich und glaubwürdig, auch wenn es schon fast eine einen Amoklauf erinnert, mit dem der Sommer eingeläutet wird.

Kleiner Wermutstropfen: Er wird immer wieder als Sommer 2020 erwähnt, obwohl zum Zeitpunkt des Erscheinens schon klar war, dass der Sommer 2020 auch im verschlafensten Nest nicht mit Kofferpacken begonnen hat.

Nichts desto trotz ist „Helga räumt auf“ eine vielschichtige Geschichte, über Glauben und glauben machen, über Freundschaft und Zusammenhalt und darüber, wie auch aus etwas Schlechtem was Gutes werden kann!

Fazit: Ein sprachlich wohlformulierter Krimi, der viel zwischen den Zeilen erzählt…