Rezension

Ein unterhaltsamer Einzelroman, aber…

Der Prinz der Rache - Torsten Fink

Der Prinz der Rache
von Torsten Fink

Bewertet mit 3.5 Sternen

Das erste, was mir an diesem Buch auffiel, als ich begann zu lesen, war der eklatante Schreibfehler bei den Klappentexten. Wenn ich ein Buch beginne, lese ich immer erst den Text auf dem hinteren Deckel und dann den Klappentext – bei beiden schreibt sich der Protagonist Will. Im Buch allerdings heißt er Viltor, welcher mit Vil abgekürzt wird. Wer schreibt eigentlich diese Klappentexte?!
Naja, nachdem dieser erste schlechte Eindruck verebbte, konnte ich mich auch dem Buch widmen – hatte mir doch die Schattenprinz-Trilogie sehr gut gefallen – allerdings hatte ich arge Schwierigkeiten mit dem Buch warm zu werden, was vor allem am ersten Teil des Buches lag. Das Buch besteht insgesamt aus fünf solcher Teile, die die Lebensabschnitte Viltors widerspiegeln. Zwischen manchen dieser “Bücher” vergeht auch schon mal ein Jahr.  Innerhab eines solchen “Buches” gibt es keine Kapitel, sondern nur Abschnitte, was mir auch nicht so gut gefallen hat. Ich höre einfach lieber bei einem Kapitelende auf zu lesen, als bei einem schlichten Absatz. Nun gut, besagter erster Teil spielt hauptsächlich in einem Ort, der Halde genannt wird. Dorthin werden die Familien von Verrätern oder andere schwere Verbrecher gebracht, aber nur solche, die nicht gesund genug sind, auf der Galeere als Rudersklave zu dienen. So leben in den ehemaligen Pesthöhlen unter der Stadt nur Alte, Frauen und Kinder unter ärmlichsten Verhältnissen. Der Fall für Vils Familie war besonders tief, gehörten sie doch vorher zu den wichtigsten Familien der Stadt. Die Ausweglosigkeit, Asozialität und die überheblich arrogante Haltug der Mutter haben mir die Lesefreude an diesem Abschnitt vermiest und für mich ging die Geschichte erst richtig los, als Vil wieder das Tageslicht erblickt und nun Rache für seine Familie nimmt. Dieses erste Buch wirkt auf mich wie eine ewiglange und zähe Vorgeschichte. So kommt die Geschichte eben auch mal schnell auf 770 Seiten.
In den weiteren Abschnitten nimmt die Erzählung dann Fahrt auf, wobei sie aus drei Perspektiven berichtet wird: aus der Vils, aus der seines Onkels und aus der des Leutnant Lizet. Lange Zeit war mir nicht wirklich klar, wieso Lizet eine eigene Perspektive erhalten hat, aber nun gut, so bekam ich noch etwas von der Gegenseite mit, wenn man sie denn so nennen darf. Irgendwie schade war zwar, dass einige Zeit zwischen manchen “Büchern” vergeht, von denen der Leser nichts erfährt, da das Buch nun so wirkt wie ein zusammengesetztes Puzzle. Andererseits wurden so vermeintlich langweilige, da nicht für die Geschichte relevanten, Geschehnisse ausgeblendet um die Erzählung nicht (noch) weiter auszudehnen. Denn als gedehnt habe ich sie im Gesamten schon empfunden, auch wenn es ab dem zweiten Buch spannender wurde.
Am Ende gab es ein fulminantes Finale mit einer vom Autor als überraschendes Element geplanten Enthüllung, die ich jedoch als nicht wirklich elementar und erstaunlich empfand. Vielleicht lag dies aber auch daran, dass die Geschichte zwar lang und ausführlich war, was Vil betrifft, die Hintergründe und politischen Machenschaften blieben irgendwie blass und oberflächlich, wobei die Perspektive des Onkels doch Tiefe in diesen Teil der Geschichte hätte bringen können. So hatte diese Enthüllung für mich keine Wirkung. Ohnehin empfinde ich das Buch trotz aller Länge als irgendwie zu kurz. Wäre dies ein Mehrteiler hätten manche Aspekte ausführlicher behandelt werden können, wie z.B. die Scholaren und die Politik. In meinem Kopf schwirrt das Wort “lieblos” herum, wobei ich dem Autoren bei weitem keine Lieblosigkeit unterstellen möchte. Generell finde ich in sich abgeschlossene Romane prima, aber aus dieser Idee hätte man mindestens einen Zweiteiler machen können.
Zudem gab es viele weitere interessante Aspekte in dieser Geschichte, bei denen es lohnenswert gewesen wäre, sie ausführlicher zu behandeln: Vils Schwester ist offensichtlich magisch begagt, dies wird zwar festgestellt, aber dann unter den Tisch gekehrt. Selbst wenn Magie auf der Insel verboten ist, so kann man sie ja dennoch heimlich erforschen, wenn man doch eh schon so auf der illegalen Seite der Gesellschaft lebt. Desweiteren sind die sogenannten Gesegtneten hier auch nicht unwichtig, und man lernt drei etwas näher kennen. Dennoch wären noch mehr Informationen schön gewesen: Wann hat sich dieses Gesegnetsein gezeigt? Wieso haben sie alle weiße Haare? Andere Aspekte dagegen hätte der Autor getrost weglassen können. So hat der Onkel Vils einen Spleen, er redet nämlich mit seiner Frau, als sei sie noch am Leben. Dies hat so gar keine Relevanz für die Geschichte und zieht dadurch nicht nur den Onkel, sondern im Grunde auch die ganze politische Seite des Buches ins Lächerliche.
Schade. Denn eigentlich finde ich die Idee, ein weiteres Buch auf der selben Welt zu schreiben, auf der schon andere spielten, sehr gelungen. Hier tauchen mit den Schatten und dem Reich Oramaer bekannte Elemente auf, was mir gut gefallen hat. Allerdings ist es schade, dass dieses Buch nicht ganz an die Qualitäten der Schattenprinztrilogie heranreicht. Ähnlich empfinde ich es auch mit dem Abercrombie-Büchern, bei denen auch keines der Einzelromane an die Trilogie heranreichte.
Am Schreibstil des Autors ist jedoch nichts auszusetzen. Er schreibt in bekannter Qualität, weshalb ich das Buch dennoch als unterhaltsam empfunden habe. Die Mängel sind mir im Prinzip erst aufgefallen, als ich über das Buch reflektierte.

Fazit: Der Prinz der Rache ist ein unterhaltsamer Roman mit gewohnter Qualität aus der der Feder Torsten Finks. Allerdings hat mir der erste Teil des Buches nicht so zugesagt und im Ganzen finde ich, ist trotz aller Länge und Ausführlichkeit einiges an Tiefe und Atmosphöre abhanden gekommen, da zwar zwei weitere Perspektiven der Hauptperspektive beiseite gestellt wurden, diese aber bei Weitem nicht in der Ausführlichkeit abgehandelt wurden, wie es für die Storyentwicklung notwendig gewesen wäre. Beide führten zu einem Finale, das überraschend und ein Highlight hätte sein könnnen, so aber irgendwie keine Wirkung zeigt. Vielleicht hätte Fink dem Buch noch mehr Ausführlichkeit gewähren sollen und einen Zweiteiler daraus gemacht.