Rezension

Ein verbotene Liebe unter dem Hakenkreuz

Mag's im Himmel sein, mag's beim Teufel sein - Evelyn Steinthaler

Mag's im Himmel sein, mag's beim Teufel sein
von Evelyn Steinthaler

Bewertet mit 5 Sternen

Stellvertretend für die vielen Paare, die von den Nazis schikaniert wurden, weil sie – lt. den Nürnberger Rassegesetzen – in „gemischtrassigen“ Beziehungen leben, stellt die Autorin fünf berühmte Paare vor, deren Frauen jüdischer Herkunft sind:

 

Hans Albers und Hansi Burg
Kurt Weill und Lotte Lenya
Joachim Gottschalk und Meta Wolff
Heinz Rühmann und Maria Bernheim bzw. Herta Feiler
Hans Moser und Blanca Hirschler

 

Wie sind die Lebensumstände für Schauspieler in Nazi-Deutschland?

Propagandaminister Goebbels herrscht mit eiserner Faust über die schönen Künste. Kein Theaterstück, kein Film darf ohne seine ausdrückliche Genehmigung aufgeführt oder gedreht werden. Er greift in die Besetzungslisten ein, bestimmt die Regisseure und setzt die Honorare fest. Schauspielern mit jüdischen Partnern wird eine Scheidung nahegelegt.

 

Das Ehepaar Kurt Weill und Lotte Lenya denken bereits 1933 an Emigration. 1935 gehen sie dann wirklich.

 

Hans Albers ist zu jener Zeit ein gefeierter Star. Er setzt über alle möglichen Befehle Goebbels hinweg. Albers ist mit Hansi Burg nicht verheiratet, will sie aber nicht verlassen. Sie wird eine Scheinehe mit einem Norweger eingehen und trotzdem mit Albers zusammenleben. Damit führen die beiden Goebbels damit an der Nase herum. Während der 12 Jahre der Nazi-Diktatur schafft es Albers, kein einziges Mal bei einer Veranstaltung von Goebbels zu erscheinen. Außerdem verweigert er konsequent mit dem Propagandaminister abgebildet zu werden. Die Konsequenzen sind nicht allzu streng. Hans Albers bekommt keine Zuwendung aus Hitlers „Künstlerfonds“.

 

Ganz anders trifft es Joachim Gottschalk und Meta Wolff. Meta lebt schon seit der Geburt ihres gemeinsames Sohnes Michael 1933 zurückgezogen. 1941 wird das Paar zu einer privaten Feier eingeladen, zu der (uneingeladen) plötzlich Goebbels erscheint. Er küsst allen anwesenden Damen die Hand, auch die von der Jüdin Meta Wolff. Als ihn sein Adjutant darauf aufmerksam macht, fühlt er sich desavouiert und rauscht wütend ab. Sofort befiehlt er Gottschalk die Scheidung, andernfalls würden Meta und Michael nach Theresienstadt deportiert. Gottschalk weigert sich und begeht mit seiner Familie 1941 Selbstmord.

 

Hans Moser ist der Lieblingsschauspieler Hitlers. Er richtet ein Gnadengesuch an den Diktator persönlich, der Ehefrau Blanca einige Sonderrechte gewährt. Sie braucht weder den Judenstern noch den Vornamen „Sarah“ zu tragen und in ihren Reisepass fehlt das übliche „J“. Allerdings muss sie 1939 nach Ungarn fliehen. Blanca überlebt und nach dem Krieg werden die beiden wieder in Wien leben.

 

Während sich Albers oder Moser durch die Jahre lavieren, treibt Heinz Rühmann seine Karriere trotz zweier jüdischer Ehefrauen voran. Seine erste, Maria Bernheim, eine ehemals bekannte Schauspielerin, managt ihn jahrelang, bis sich das Paar auseinandergelebt hat. Die Empfehlung Goebbels ist ein willkommener Anlass, diese Ehe zu beenden. Doch auch die zweite Gemahlin, die Wienerin Herta Feiler ist Jüdin. Er ordnet alles seiner Karriere unter, unterstützt das System und erhält aus Hitlers „Künstler-Fonds“ 40.000 Reichsmark

Rühmann gehörte zu jenen Schauspielern, die vorgaben, „völlig unpolitisch“ zu sein.

 

Der Titel des Buches ist einem Lied von Hans Albers entnommen (S.142).

 

Bemerkenswert ist das Nachwort der Autorin. Sie zitiert wie folgt:

 

„Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen.“ (Oskar Helmer, österreichischer Innenminister von 1945-1959 zur Frage nach Restitution).

 

„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen.“ (Primo Levi)

 

„Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“ (Auschwitz-Überlebender Eli Wiesel)

 

Gerne gebe ich für dieses Buch 5 Sterne.

 

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 08. Oktober 2018 um 19:40

Eine sehr interessante Rezi - und Rühmann wurde mir durch sein Verhalten in der NS-Diktatur (und seine merkwürdigen dümmlichen Filme in dieser Zeit) später weniger sympathisch....

Danke für deine aufschlussreichen Worte!