Rezension

Ein warmherziges und intelligentes Buch

Weil alles jetzt beginnt - Linda Holmes

Weil alles jetzt beginnt
von Linda Holmes

Bewertet mit 4 Sternen

Evvie Drake ist seit einem Jahr Witwe und hat sich fast komplett vom öffentlichen Leben in ihrer Kleinstadt in Maine zurückgezogen. Während alle glauben, dass sie tief in ihrer Trauer versunken ist, hält sie sich eher für ein Monster. Denn ihr Mann starb in dem Moment nach einem Autounfall, als sie ihre Koffer packte, um ihn zu verlassen. Ihr bester Freund Andy vermittelt ihr einen Untermieter für ihr zu großes Haus. Sein alter Schulfreund Dean Tenney, ein berühmter Baseballspieler, will für eine Weile New York und einer Pressehetzjagd auf ihn entkommen. Seine Karriere als Profisportler scheint aufgrund körperlicher Probleme zu Ende und er muss sich über sein weiteres Leben klar werden.

 

Um es gleich zu sagen: das ist ein wirklich gutes Buch. Linda Holmes hat eine fantastische Art, Menschen als auch deren Umfeld zu kreieren und ihnen Authentizität und Glaubwürdigkeit zu verschaffen. Sie fängt die leichte Schrulligkeit von amerikanischen Kleinstadtbewohnern auf verständnisvolle und liebenswerte Weise so ein, dass man nicht über sie lacht sondern über die

kleinen Anekdoten, die dort erzählt werden. Natürlich ist jemand wie Evvie, die ihren allseits beliebten Mann und damit auch den Arzt der Stadt verloren hat, im Fokus aller. Sei es, um sie zu bemitleiden oder sich um ihren Gemütszustand kümmern zu wollen.

 

Evvie hingegen will diese Aufmerksamkeit nicht, da sie sich selbst als Monster sieht, das diesen in der Realität so gar nicht tollen Mann verlassen wollte, als er sein Leben verlor. Sich schuldig fühlend und zugleich völlig unentschlossen, meidet sie Nachbarn und Freunde. Einzig ihr bester Freund seit Kindertagen, Andy, bleibt ihr nahe. Aber auch er kennt ihr Geheimnis nicht.

 

Dean seinerseits hat mit dem Verlust seines Baseballteams zu kämpfen und muss sich ebenfalls neu orientieren. Auch da, typisch Kleinstadt, wird er freundlich aufgenommen und bekommt Möglichkeiten für die Zukunft aufgezeigt, die er nicht erwartet hat. Dass Evie und er sich über die gemeinsame Wohnsituation zwangsläufig näher kommen, tut beiden gut.

 

Allerdings geschieht das sehr, sehr langsam. Wie beiden zunächst erst Freunde und dann Liebende werden, erzählt die Autorin über viele Kapitel hinweg in einer ruhigen, unaufgeregten, manchmal etwas ausufernden Weise. Ich war durchaus geneigt, mal ein Kapitel zu überblättern, damit es schneller voran geht. Andererseits passte es zur Charakteristik der Geschichte und ich habe Holmes diesen ruhigen Fluss nicht wirklich übel genommen.

 

Schwer getan habe ich mich ein wenig mit dem Thema Baseball, über das in der Story doch eine Menge vorkommt. Nichts gegen Sportromanzen, aber Baseball ist im europäischen Raum natürlich kaum so populär wie in den USA. Es mag eine Minderheit geben, die sich mit Fachbegriffen und Regeln auskennt - aber das macht es vielleicht für einige zu einer uninteressanten Lektüre.

 

Bei aller Verarbeitung von Trauer und Schuld gibt es auch viele humorvolle Momente. Es reicht nicht unbedingt für lautes Gelächter, aber immerhin für ein Schmunzeln oder amüsiertes Lächeln. Das Buch mag nicht dem Standard einer romantischen Komödie entsprechen, aber es immer realistisch und glaubwürdig. Holmes schreibt über Menschen wie Du und Ich, den Wert von Freundschaft, Zusammenhalt und nicht über Alphamännchen, Mafia-Bosse oder CEOs, die momentan viel in diesem Genre vorkommen.

 

Das mag ein wenig am Trend der Zeit vorbeigehen, aber wenn man etwas Außergewöhnliches lesen will, ist man hier gut bedient.