Rezension

Ein weiterer Thriller aus Meisterhand

Seelensammler (Nur bei uns!) -

Seelensammler (Nur bei uns!)
von Volker Dützer

Bewertet mit 5 Sternen

Die Geschichte:

Jule ist zutiefst verunsichert und lebt mit einer starken Angst- und Zwangsneurose. Als sie ausnahmsweise mal mutig sein möchte und einen anderen Weg zur Arbeit einschlägt, fällt ein alter Mann von einer Brücke direkt vor ihre Füße. Damit beginnt für sie ein Abenteuer, bei dem es um Leben und Tod geht. Dabei trifft sie Lucas Prinz, ein Kommissar, der in seiner früheren Dienststelle einen Korruptionsfall aufgedeckt hat, an dem auch einige Kollegen beteiligt waren. Fortan gilt er als Maulwurf und Verräter. Kein Wunder, wird er in seiner neuen Dienststelle, der Koblenzer Mordkommission, nicht gerade freundlich empfangen und von seinem Vorgesetzten Brohkamp in seiner Arbeit ausgebremst und behindert. Gemeinsam versuchen Jule und Lucas den Tod des alten Mannes und das mysteriöse Verschwinden weiterer älterer Menschen aufzuklären. Was dabei aufgedeckt wird, lässt einen schaudern.

Mein Eindruck:

Das ist mittlerweile der dritte Roman von Volker Dützer, den ich lesen durfte. Auch dieses Mal hat der Autor mich wieder von Anfang an in eine Story gezogen, die mir das kalte Grausen über den Rücken jagt. Denn bei dem, was Lucas und Jule aufdecken, kann man nur hoffen, dass es niemals Realität wird.

Natürlich stolpern die beiden auch mal in Fallen und müssen um ihr Leben kämpfen. Dabei sind dem Autor sowohl die beiden Hauptprotagonisten als auch die Figuren im Umfeld super gelungen. Die neurotische Jule kann einem leidtun. Sie ist derart in ihren Zwängen gefangen, dass sie Chancen, die sich ihr bieten gar nicht sieht. Auf der anderen Seite ist Lucas, das krasse Gegenteil zu Jule. Er ist selbstbewusst, lässt sich nicht herumkommandieren und ausbremsen. Manchmal ist er aber zu ungestüm und unüberlegt. Auch er hat mit seiner Vergangenheit zu kämpfen und Probleme, Vertrauen zu fassen.

Gut entwickelt hat Dützer die psychischen Fortschritte der beiden, wobei gerade Jule sich ein bisschen zu schnell wandelt. Das sei aber der künstlerischen Freiheit zugestanden. Ein Roman kann sich kaum über Jahre entfalten, bis die Protagonistin endlich soweit ist, ein normales Leben zu führen. Dabei hat sich Dützer offensichtlich intensiv mit dem Thema Angst- und Zwangsneurosen und deren Symptome und Auswirkungen beschäftigt. Er beschreibt Jule so realistisch, als habe er beim Schreiben einen Menschen aus seinem Umfeld vor Augen.

Die Schreib- und Erzählweise des Autors ist fesselnd und unterhaltend. Kurze Kapitel reizen dazu, „mal eben noch ein Kapitel“ zu lesen und damit das Buch kaum aus der Hand zu legen.

Ich habe nur zwei kleine kritische Anmerkungen:

Lucas hat Höhenangst, hängt sich aber meterhoch über dem Boden über eine Brüstung, um an einen Papierfetzen zu kommen, der festgeklemmt im Wind flattert. Ein Mensch mit Höhenangst wird das niemals, never ever tun. Der hat schon Probleme, über das Brückengeländer in die Tiefe zu schauen. Ich bin mit einem solchen Menschen verheiratet. Den hat allein schon die Schilderung geschüttelt.  

Jule lässt sich im Verlauf der Geschichte eine „moderne Kurzhaarfrisur“ schneiden. Acht Wochen später trifft man sie mit zum Pferdeschwanz gebundenen Haaren. Das kann nicht funktionieren. So schnell wachsen Haare nicht nach und für einen Pferdeschwanz braucht es Haarlänge.

Das ist zwar Gemecker auf sehr hohem Niveau, aber es ist eben nicht korrekt und auch mit künstlerischer Freiheit nicht zu decken.  

Fazit:

„Seelensammler“ ist eine überarbeitete Neuauflage des Romans „Das Ambrosius Experiment“ und ein typischer Dützer, der den Leser von Anfang bis Ende fesselt, während sich die Geschichte um ein Thema spinnt, das vielleicht noch in der Zukunft liegt – vielleicht aber auch nicht. So genau würde ich das gar nicht wissen wollen

Leseempfehlung:

Von mir gibt es klare fünf Sterne. Allen, die Höchstspannung mögen, miträtseln wollen, um dann am Ende durch eine krasse Wende einen Täter präsentiert zu bekommen, ist das Buch absolut empfehlenswert. Volker Dützer zählt mittlerweile zu meinen Lieblingsautoren.