Ein Wessi auf Rügen
Bewertet mit 4 Sternen
Ziemlich stressig erweist sich der Umzug von Luka Kroczak von Düsseldorf nach Bergen auf Rügen. Als frischgebackener Leiter einer Polizeidienststelle hat er Schwierigkeiten, sich einzuleben. Es fängt schon damit an, dass er keinen Krippenplatz für die Tochter seiner Lebensgefährtin bekommt und sie auf Arbeit mitnehmen muss; dazu kommt der Zusammenprall von Ost und West und der unterschiedlichen Mentalitäten. Dass ausgerechnet jetzt ein Mord passiert, macht sein Eingewöhnen nicht einfacher. Die Tote ist Peggy Lenz, eine Frau, die so langweilig war, dass sich niemand vorstellen kann, wer einen Grund gehabt haben könnte, sie umzubringen. Seltsamerweise sind alle Leute in ihrem Umfeld bedeutend interessanter und plötzlich wimmelt es nur so vor Verdächtigen: der eigene Ehemann, der Freund ihrer Schwester, ihre Schwester selbst, ein windiger Urlauber ... die Liste erscheint endlos.
Luka und sein Team tappen ziemlich lange im Dunkeln, logisch, dass sich da Agressionen und Vorurteile stauen. Und dann taucht ein minderjähriger Zeuge auf - oder könnte auftauchen, wenn er nicht spurlos verschwunden wäre. Gibt es schon weitere Tote? Die Zeit drängt und die Beweislage ist dünn, keine guten Voraussetzungen für einen gelungenen Einstand auf Rügen.
Ich gebe zu, auch bei mir hat Luka nach einem guten Beginn sehr viele Sympathiepunkte verloren. Allzu herablassend und unfair behandelt er nicht nur seine engsten Kollegen, sondern auch Verdächtige und Zeugen. Er ist ein typischer Besserwessi, der lange keine Anstrengungen unternimmt, einen guten Kontakt zu seinem neuen Umfeld herzustellen. Dass er regelmäßig die DDR mit dem Naziregime vergleicht, macht ihn in meinen Augen nicht sympathischer. Wirklich angenehm empfinde ich im Gegensatz zu ihm seine Kollegin Conny Böhm, eine typische Ostpolizistin, die trotz dessen, dass sie alleinerziehende Mutter zweier Teenager und einem neuen, unangenehmen Chef, all ihre Kraft und Mühe in die Lösung des Falls steckt, wenn sie auch manchmal über das Ziel hinausschießt. Auch einige der beschriebenen Verdächtigen und Bewohner Rügens sind toll gezeichnet und vermitteln ein sehr schönes Bild von der Insel.
Der Krimi ist spannend und nicht vorhersehbar aufgebaut. Etwas unlogisch erscheint mir zwar nicht der Täter, aber zumindest die Art und Weise, sein Motiv und somit seine Morde durchzusetzen.
Fazit: Interessanter Rügenkrimi, der gern ein bis ein Dutzend Fortsetzungen haben darf.