Rezension

Ein Winter-Märchen

Das Schneemädchen - Eowyn Ivey

Das Schneemädchen
von Eowyn Ivey

Bewertet mit 4 Sternen

Wir schreiben das Jahr 1920: Mabel und Jack sind nunmehr ein altes Ehepaar. Beide lieben einander und doch wollten sie etwas, was ihnen keiner geben konnte: ein gemeinsames Kind. Vor zehn Jahren verlor Mabel das gemeinsame Kind und wurde danach nie wieder schwanger. In ihrer Heimat erinnert sie alles an ihren Verlust, sodass sie beschließen, in Alaska neu anzufangen. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, wollen in dieser unwirklichen Gegend eine Farm aufbauen und von dieser Leben. Das erste Jahr ist für beide sehr hart - zu kalt ist der Winter, zu gering ihre Vorräte, aber mit Hilfe ihrer Nachbarn schaffen sie es, diesen ersten harten Winter zu überleben. Doch dieser erste Winter bringt ihnen auch Hoffnung. Als der erste Schnee fällt, fühlen sich beide wieder jung und machen sogar eine Schneeballschlacht. Dann bauen sie aus Übermut ein kleines Schneemädchen, das sie der Witterung entsprechend ausstaffieren. Am nächsten Morgen ist von dem Schneemädchen nur ein zusammengefallener Haufen Schnee übrig geblieben, doch die Sachen, die es trug, sind nicht mehr da. Kurz darauf sieht Mabel ein kleines Mädchen im Wald, dass diese trägt.

Im Laufe des Winters sehen die beiden das kleine Mädchen immer wieder, doch kommt es ihnen nie wirklich nahe. Erst nach und nach gewinnt es Vertrauen und nähert sich immer wieder den beiden an. Schlussendlich gelingt es ihnen, das Vertrauen des Mädchens zu gewinnen und es verbringt mehr oder weniger den Winter bei ihnen. Es ist schön für das alte Ehepaar, einen so jungen Menschen um sich zu haben, blieb ihnen doch ein eigenes Kind verwehrt. Doch wer ist sie und woher kommt sie? Als der Frühling kommt, geht das Mädchen mit dem letzten Schnee zurück in den Wald.

Niemand will Mabel glauben, dass es dieses kleine Mädchen, allein im Wald, wirklich gibt, doch Mabel beharrt darauf und Jack äußert sich gar nicht dazu. Eine Situation, die das Zusammenleben von Jack und Mabel nicht unbedingt einfacher macht, doch sie schaffen es über den Frühling, den Sommer, den Herbst und dann, dann ist wieder Winter und Mabel sehnt und hofft, dass das kleine Mädchen wieder den Weg zu ihnen finden wird und tatsächlich, mit dem ersten Schnee, steht sie bei den beiden vor der Tür. Doch wer ist sie, wo war sie den Sommer über, kümmert sich jemand um sie? All diese Fragen lassen Mabel einfach keine Ruhe ...

Ein Winter-Märchen! Der Plot wurde sehr einfühlsam und bildgewaltig erarbeitet. Immer wieder hatte ich die jeweiligen Szenen direkt vor Augen und versank teils mit den Protagonisten in ihrer Melancholie, denn das Leben in Alaska ist alles, nur nicht einfach und schon gar nicht im Jahre 1920! Die Figuren wurden facettenreich erarbeitet, wobei mir hier die Figur der Mabel sehr ans Herz gewachsen ist, denn sie ist es, die hauptsächlich die Geschichte trägt, die an das erneute Erscheinen des kleinen Mädchens glaubt, die nie die Hoffnung aufgibt, dass dieses Mädchen schlussendlich bei ihnen bleiben würde und sie dann endlich eine richtige Familie wären. Die Sprecherin, Doris Wolters, schaffte mit viel Einfühlungsvermögen, mir als Zuhörer, die jeweiligen Szenen direkt vor Augen zu projizieren und mit teils dermaßen zu fesseln, dass ich mich nur sehr schwer von dem Hörbuch zwischenzeitlich lösen konnte.