Rezension

Eindringlich, authentisch, lebensnah - ein Buch, das einen immer wieder sprachlos zurücklässt und glauben lässt, selbst Teil dieser Geschichte zu sein

Romeo und Julian -

Romeo und Julian
von Joel Nicholas Krehl

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Buch…

… das das Herz berührt und zu Tränen rührt

… das die ungeschönte Geschichte sympathischer, authentischer Charaktere erzählt.

… das viele ernste Themen beinhaltet.

… das ewig weitergehen könnte.

… das mehr Aufmerksamkeit verdient.

Es ist keine oberflächliche, leichte Liebesgeschichte, sondern so viel mehr, zeitweise auch zu Tränen rührend. Es geht um Selbstfindung, Selbstakzeptanz, Outing, Ausgrenzung, Mobbing, Homophobie, aber auch um gute Freundschaft und Liebe. Diese Geschichte lässt einen viel über diese Themen, die nicht nur am Rande erwähnt werden, sondern mit im Vordergrund der Geschichte stehen, nachdenken und zeigt verschiedene Blickwinkel auf, aus der sie betrachtet werden können.

Es ist nicht immer alles gut, friedlich und harmonisch, aber genau das macht dieses Buch realistisch. Trotz der ernsten Themen zieht es einen nicht herunter, denn es gibt zahlreiche humorvolle und herzerwärmende Szenen, die die Geschichte auflockern und die Schwere herausnehmen.

Das Theaterspielen ist vielleicht, wie man vielleicht durch den Titel suggeriert, mit der Aufhänger, doch es nimmt nur einen vergleichsweise geringen Teil des Buches ein. Wir begleiten die Protagonisten bei ihrem Alltag auf einem Elite-Internat, wozu neben der Theater-AG auch das Basketballspielen oder das Verbringen der Freizeit mit Freunden gehört - es geht um das ganz alltägliche Leben mit seinen freudigen Momenten und Hürden.

Alles baut sich langsam auf und entwickelt sich in einem zunächst gemächlich Tempo, wodurch wir entspannt in die Geschichte reinkommen und uns die Zeit nehmen können, die Charaktere erst einmal kennenlernen und ein erstes, einschätzendes Bild erhalten zu können.

Die Protagonisten und ihre Freunde sind allesamt sympathische Charaktere, die man mal mehr, mal weniger schnell ins Herz schließen kann oder die es zumindest wert sind, gemocht zu werden, wenn sie uns ihre wahre Seite beziehungsweise einen Blick hinter ihre Fassade zeigen.

Losian ist bodenständig und zurückhaltend, kann jedoch ein guter und loyaler Freund sein. Zu Beginn der Geschichte ist er noch sehr unsicher und hat Angst, dass andere herausfinden könnten, dass er schwul ist und genau diese Angst erdrückt ihn beinahe.

Nicholas hingegen wirkt wie der typische Bad Boy, der sich keine Chance entgehen lässt, etwas Einmaliges mit anderen anzufangen und so auch mal zum Herzensbrecher wird. Er erscheint wie ein rücksichtsloser Eisklotz – doch kann Eis nicht auch schmelzen? Schnell wird ersichtlich, dass er Opfer von Mobbing und Homophobie ist und dies nicht so leicht an ihm abprallt, wie er vorgibt.

Und auch Pascal, der in die Rolle des Außenseiter gedrängt wurde, hält einige Überraschungen parat und nimmt eine entscheidende Rolle für die Handlung ein.

Dies sind nur kleine Einblicke in die Charaktereigenschaften und Gefühle der Charaktere. Wenn ihr dieses Buch lest, könnt ihr die Charaktere noch viel näher kennenlernen und viele Überraschungen erleben. Denn sie sind allesamt vielschichtiger, als zunächst vielleicht erwartet und haben ihre eigene Geschichte, die erzählt werden möchte. Die Charakterausgestaltung ist liebevoll erfolgt. Jeder geht anders mit seinen Gefühlen um und wird individuell und damit authentisch dargestellt. Es ist schön, auch eine Entwicklung der Charaktere erkennen zu können. Manche sind nicht von Beginn sympathisch, werden dies aber, wenn es einem gelingt, hinter deren Fassade zu schauen.

Der Schreibstil ist sehr gut zu lesen. Durch diesen und durch Tagebucheinträge oder vereinzelte Rückblicke fliegt man fast nur so durch die Seiten, bis auf an einigen schwer zu ertragenden Szenen. Auch diese sind gut geschrieben – so gut, dass man selber in die Situation hineinversetzt wird und den Schmerz oder andere schwer zu ertragende Gefühle mitfühlt. Man fühlt sich von der Geschichte in den Bann gezogen und hat trotz des schnellen Vorankommens das Gefühl, so viele wichtige Botschaften mitzunehmen (dass es in Ordnung ist, sich nicht gut zu fühlen und es kein Zeichen von Schwäche ist, Hilfe anzunehmen, ist nur eine von vielen wichtigen Messages).

Der Umfang des Buches mag abschrecken, aber er ist es definitiv wert - so viel Zeit mit den Charakteren verbringen zu dürfen und ihnen die Zeit zu lassen, sich zu entfalten, ist viel wert. Zudem dreht man sich nicht dauernd im Kreis und es wird auch kein künstliches Drama erzeugt, sondern es ist eine große Eindringtiefe mit vielen Überraschungen gegeben.

Neben vielen emotionalen Szenen (denkt man, man hat die emotionalste Szene gelesen, so kommt es an anderer Stelle noch emotionaler und noch intensiver) gibt es interessante Handlungsstränge und Plottwists. Dieses Buch ist auf allen Ebenen – den Charakteren, den Emotionen und der Handlung – absolut lesenswert und kann einem so viel mitgeben, was sich nur schwer in Worte fassen lässt – man muss es einfach selber gelesen haben.

Insgesamt lässt sich eigentlich nur Eines sagen: Lest dieses Buch, denn es ist es wert.