Rezension

eindringlich und packend

Die Tage von Gezi - Martin Niessen

Die Tage von Gezi
von Martin Niessen

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt

Es fängt mit einem Streit um einen kleinen Park an. Tausende Menschen richten sich gegen die islamisch-konservative Regierung. Dabei eskaliert der Streit zu einem Aufstand mit Toten, Tausenden Verletzen und Massenverhaftungen. Denn es geht nicht mehr um den Gezi-Park, sondern um Freiheit. Um die Freiheit, selbst über das eigene Leben zu entscheiden.

 

Meinung

"Die Tage von Gezi" ist ein besonderes Buch. Nicht nur weil ich die Thematik interessant finde, sondern weil es mich auch teilweise betrifft. Hier in Deutschland zu leben und von Weitem aus zuzusehen, wie zerstörend es während der Gezi-Demonstrationen zuging, hat mich traurig gemacht. Die türkische Medien haben soweit wie möglich vieles verdeckt, bis auf ein paar unabhängige Ausnahmen. Doch durch private Videos und Fotos, die im Internet veröffentlich wurden, habe ich das brutale Vorgehen und die tödlichen Folgen mitverfolgt. Und nun einen Roman darüber zu lesen, ist schon irgendwie anders. Vor allem weil Martin Niessen, ZDF-Reporter, seine eigene Erfahrugen mit in den Roman einbringt und erzählt.
Die Gewalt und die damit verbundene Brutalität der Polizisten auf die Demonstranten wird in "Die Tage von Gezi" verdeutlicht. Die Polizisten gehen mit den Demonstranten minderwertig um, beschimpfen und prügeln auf sie ein. Darüber hinaus bezeichnen die als Plünderer oder gar Terroristen, wortwörtlich angeleitet von dem Bundespräsidenten Erdogan. Statt auf einen friedlichen Kompriss mit den Demonstranten einzugehen, gießt er mehr Öl ins Feuer. Doch die Demonstranten währten sich nicht mit Erdogans Sprache, sondern antworteten auf die Gewalt mit moderner, kreativer Idee.
Diese brisante Thematik ist in eine interessante Handlung verpackt und gut ausgearbeitet. Dabei geht es um Mine, dessen Leben aus den Fugen gerät. Auch Marcs und Kathrins Leben verlaufen alles andere als friedvoll.

Mine ist in dem Nobelviertel Nisantasi geboren und in einem bürgerlichen Zuhause aufgewachsen. Sie studiert Jura und ist mit Vedat verheiratet. Vedat hingegen arbeitet als Polizist. Als der Streit um einen kleinen Park anfängt, beginnt ihre Ehe zu wackeln. Mine, die kämpferische und starke Frau, die auf der Seite der Demonstranten steht und Vedat, der treue und pflichtbewusste Mann, der eine Position auf der Seite der Polizisten vertritt. Kann das gut gehen?
Während Marc, ein Engländer und Reporter bei einem großen britischenn Nachrichtenmagazin, in der Türkei seinen Urlaub macht, wird er Zeuge des Streits. Er erlebt hautnah, wie dieser eskaliert.
Auch Kathrin, die eine Dozentin für Architektur und Städtebau an der Mimar Sinan Universität der Schönen Künste ist, macht dieselbe Erfahrung. Während Marc von Anfang an dafür sorgt, die Wahrheit und die Grausamkeit ans Tageslicht zu bringen, kämpft Kathrin mit ihrer Skepsis, ob sie mitdemonstrieren oder sich ganz aus dem Geschehen enthalten soll. Was Mine an Stärke, Mut und Tapferkeit verköpert, zeigt Kathrin eher die Unentschlossenheit und teilweise auch Ängstlichkeit. Doch durch die Unterstützung ihrer Freunde kommt Kathrin letzten Endes doch zu einem Entschluss.

"Die Tage von Gezi" wird aus der Sicht dieser drei Charakteren erzählt. Dabei kommt man als Leser den Charakteren näher. Während ich mich mit Mine und Marc gut anfreunden konnte, bin ich mit Kathrin nicht warm geworden. Dieses Hin und Her hat mich etwas gereizt, muss ich gestehen. Ansonsten sind sie gut beleuchtet, so dass man sich ein Bild von ihnen schaffen kann.

Besondern schön und gefühlvoll finde ich, dass erwähnt wird, dass das Buch in Erinnerung an die Opfer der Demonstrationen gewidmet ist. Ebenso beeindruckend finde ich das Cover, das gut und aussagekräftig gestaltet ist. Es zeigt den Twitter-Vogel mit der Gasmask

 

Fazit

Dieser Roman ist eindringlich, packend und bewegend erzählt. Man blickt in den realen Hintergrund und das Ergenbis ist sehr erschütternd.