Rezension

Eindrucksvoll

Miss Kim weiß Bescheid -

Miss Kim weiß Bescheid
von Cho Nam-Joo

Bewertet mit 4 Sternen

Das Cover der angenehm handlich gebundenen Ausgabe zeigt das Porträt einer jungen südkoreanischen Frau ohne Gesicht. Statt Augen, Mund und Nase ist der Titel in weißen Buchstaben abgedruckt. Die Frau steht meiner Interpretation nach stellvertretend für die (Lebens-)Geschichten von Frauen, denen Cho Nam-Joo in ihrem neuen Roman Aufmerksamkeit schenkt.

In acht Kapiteln werden acht Geschichten erzählt, in denen jeweils eine Protagonistin im Mittelpunkt steht. Ob Ehefrau, Mutter, Tochter oder Großmutter, sie alle vereint die Suche nach dem eigenen Ich, nach Zufriedenheit und Selbstverwirklichung. Cho Nam-Joo beschreibt einen Alltag, der für die Frauen sehr bedrückend ist. Sie wollen ihrer Familie, ihrem Arbeitgeber und ihren Freunden gegenüber gerecht werden. Dabei lassen sie ihr eigenes Wohlergehen meist außer acht und erkennen erst spät oder sogar nie, dass sie Glück ebenso verdienen wie alle anderen.

Der Schreibstil ist sehr ruhig, die Geschichten sind dem Alltag entlehnt und wirken auf den ersten Blick ganz normal und undramatisch. Doch durch die Sichtweise der Protagonistinnen bekommt man ein ganz anderes Gefühl für diese Erzählungen. Vor allem zwischen den Zeilen lässt sich der erhobene Zeigefinger in Richtung Gesellschaft erkennen. Kulturell mag Südkorea etwas anders geprägt sein als Europa, die Geschichten der einzelnen Frauen konnte ich dennoch gut nachvollziehen. Einige haben mich sehr berührt, während ich in anderen den Sinn nicht so recht entdecken konnte. Bei acht Geschichten wird aber jede Leserin etwas entdecken, mit dem sie sich identifizieren kann. Eine klare Leseempfehlung von mir.