Rezension

eine außergewöhnliche Biographie eines außergewöhnlichen Mannes

Deutsch sein und schwarz dazu - Theodor Michael

Deutsch sein und schwarz dazu
von Theodor Michael

Bewertet mit 5 Sternen

Mit großem Staunen habe ich diese (Auto)Biographie gelesen, die ich in der Wühlkiste meiner Buchhandlung gefunden habe.

Theodor Michael ist 1925 in Berlin geboren, sein Vater ist vor dem Ersten Weltkrieg aus Kamerun zugezogen, die Mutter Deutsche. Ihren Lebensunterhalt verdient sich die Familie im Zirkus und Schaustellergewerbe. Auch als Filmkomparsen schlagen sie sich durch. Nach dem frühen Tod der Mutter und der schweren Erkrankung des Vaters wegen kommen die jüngsten Kinder, Juliana und Theodor, zu Pflegeeltern.

Während des Heraufziehens der Nazi-Zeit gelingt Juliana die Ausreise aus Deutschland. Theodor muss, weil zu jung, bleiben. Ab nun zieht sich das „Nirgends-dazu-gehören“ wie ein roter Faden durch sein Leben.

Er darf nicht im Gymnasium bleiben, nicht der HJ beitreten, keine Lehre machen (er soll keinem Deutschen einen Arbeitsplatz wegnehmen!), er darf der Deutschen Arbeitsfront nicht beitreten usw. usw..

Er fristet sein Leben und beschließt einfach nicht aufzufallen, sich ein wenig dumm zu stellen, nur gerade soviel, dass es nicht auffällt.

Immer wieder „darf“ er an der Seite von Hans Albers in der UFA einen „Neger“ spielen.

1943 muss er dann doch ins Arbeitslager. Gemeinsam mit Zwangsarbeitern verschiedenster Nationen lebt er viele Monate in baufälligen Baracken.

„Diese Gruppen blieben jeweils unter sich und bildeten Solidargemeinschaften, in die Außenstehende nicht hineinkonnten. Ich sprach nur deutsch und passte wieder einmal nirgendwohin. Anderen Landsleuten, die ebenfalls zwangsverpflichtet worden waren, ist es ähnlich ergangen. Für uns hatten nicht einmal die Nazis eine Schublade. Warum sie uns damals nicht in einem Lager zusammengefasst haben, ist mit heute noch ein Rätsel." (S. 76)

Er überlebt den Krieg. Doch die in Berlin einrückenden Russen halten ihn für einen Amerikaner. Die Amerikaner allerdings wollen, eingedenk ihrer eigenen Rassenprobleme, keine Farbigen nach Amerika einreisen lassen.

Wieder sitzt der dunkelhäutige Deutsche zwischen allen Stühlen. Er ist schwarz und ein Deutscher – das passt in kein aktuelles Weltbild.

Mit Zähigkeit und viel Einsatz gelingt es dem Autor zu studieren und in der neuen BRD Fuß zu fassen. Er wird als Afrikaspezialist für den BND tätig.

Ich gebe zu, dass ich mit diesem Thema noch niemals konfrontiert und daher sehr überrascht war, davon zu lesen. Die sogenannten „Besatzungskinder“ (Kinder von Besatzungsoldaten aus Amerika oder Frankreich, die in Wien stationiert waren) sind mir ein Begriff. In meiner Klasse gab es ein Enkelkind eines US-Amerikaners. War das schon schwierig für diese Familie.

Die Sprache ist sehr eindringlich: kurze, prägnante Sätze. Der eine oder andere mit Augenzwinkern. Ich konnte as Buch nicht zur Seite legen und habe es in einem durchgelesen. Das eine oder andere muss ich noch nach recherchieren.

Ich finde es ganz toll, dass Theodor Michael seine Familiengeschichte aufgeschrieben hat. 

Fünf Sterne und eine Leseempfehlung!