Rezension

Eine dramatische Zugfahrt

Dreieinhalb Stunden -

Dreieinhalb Stunden
von Robert Krause

Bewertet mit 4 Sternen

Der historische Roman dreht sich um den 13. August 1961, dem Tag des Mauerbaus. Reisende sind mit dem Interzonenzug von München auf dem Weg nach Ost-Berlin und erfahren über das Radio von dem Bau der Grenzsperrung. Nun bleiben ihnen noch Dreieinhalb Stunden, zu entscheiden, ob sie vorher aussteigen und im Westen bleiben, oder nach Osterberlin weiterfahren und nicht zurück können. Ein Buch, das die innere Zerrissenheit des Landes und der Protagonisten auf dramatische Weise erfahrbar macht. 

Als Leser ist man den Protagonisten einen Schritt voraus. Man weiß, dass diese Mauer 28 Jahre lang bestehen wird und es sich nicht um eine vorübergehende Maßnahme zur Grenzsicherung handelt. Ohne dieses umfassende Wissen müssen die Protagonisten eine lebensverändernde Entscheidung treffen: gewohnte Sicherheit oder ungewisse Freiheit? Freunde, Familie, Liebe oder eine berufliche Zukunft? Dabei sind die Protagonisten sehr unterschiedlich: ein älteres Ehepaar, dessen Sohn im Westen lebt; eine freiheitsliebende Band, die ihre Erfolge jedoch im Osten feiert; Marlis und Gert, die sich lieben, aber nicht die selben Ansichten teilen oder Edith, die erste Lokführern der DDR, die große Träume hat. 

Eine spannend umgesetzte Idee, die Kapitelweise aus der Sicht verschiedener Protagonisten, mit unterschiedlichen Hintergründen und Lebensweisen, erzählt und näher beleuchtet, welche Argumente und Gegenargumente es überhaupt in so einer Situation zu durchdenken gab. Hier lag meiner Meinung nach die Stärke und historische Relevanz der Thematik, die Robert Krause authentisch erdacht hat. Die Zeit schreitet unbarmherzig voran. Dieser Druck macht den Reiz aus, bringt mehr Dynamik ins Geschehen und es bleibt spannend, wie sich jeder am Ende entscheidet.

Ein historisch authentisches Buch über schicksalshafte Entscheidungen, das die Frage aufwirft: Wie hättest du dich entscheiden? Der Erzählstil funktioniert in meinen Augen besser als Drehbuch, weil in einer verhältnismäßig kurzen Geschichte zu viele Personen unterkommen mussten. Unabhängig vom Format, möchte ich die Geschichte aber jedem ans Herz legen.