Rezension

Eine Entdeckung mit Folgen

Der Herr der Meere -

Der Herr der Meere
von M.C. March

Bewertet mit 3.5 Sternen

Hübsches und phantasievolles Unterwasserabenteuer am Korallenriff mit sympathischen Charakteren. Macht Lust auf mehr!

Suli, der entzückende Protagonist der Geschichte, die sich im Übrigen erfreulicherweise durch besonders liebenswerte Charaktere auszeichnet, ist zu Beginn der Serie 'Der Herr der Meere', dessen erster Band Gegenstand meiner Betrachtungen ist, etwa 12 Jahre alt. Er gehört zum Volk der Faraner, eines von sechs Meeresvölkern, von denen keines dem anderen gleicht und die in den unterschiedlichen Ozeanen unseres Planeten beheimatet sind. Das Reich Faranon befindet sich am Korallenriff vor Australien im Südpazifik, ist bunt und lädt regelrecht zum Verweilen ein. Seine Bewohner gehen, wie die Menschen auch, einem geregelten Tagesablauf nach, üben Berufe aus, die Kinder gehen zur Schule, man lebt in Familienverbänden – alles wirkt in seiner Fremdartigkeit dennoch irgendwie vertraut, und damit sind die besten Voraussetzungen gegeben, dass junge Leser sich sofort wie zuhause fühlen und keinerlei Eingewöhnungsschwierigkeiten haben.

Nach dem Tod seiner Großmutter wird der elternlose Suli von dem Heilerehepaar Adin und Kara Neron aufgenommen, in denen er liebevolle Ersatzeltern findet. Gleichzeitig bekommt er eine Schwester, Bonka, ein neugieriges und aufgewecktes Mädchen, mit dem man buchstäblich Pferde stehlen kann. Man kümmert sich mit großer Fürsorge umeinander, geht rücksichtsvoll und tolerant miteinander um und kennt keine größeren Probleme. Ein wunderbares Leben, fürwahr!

Doch eines schönen Tages gerät Sulis Welt und mit ihr das geregelte Leben in den sieben Hügeln des Königreichs Faranon tüchtig ins Wanken! Und ausgerechnet der kleine Suli, mit dessen Wachstum es nicht so recht vorangehen will, bringt mit einem unheimlichen Fund – um nicht zu viel verraten zu wollen – die Sache ins Rollen, die am Ende der Geschichte zu einer Lawine angewachsen sein wird, die nur Sulis Reise in den Eispalast zum mächtigen König Eburon, dem Herrn aller Meeresvölker, aufhalten kann. Das wenigstens hofft der Leser, wenn er sich – vorläufig, denn es sind, wie man erfährt, eine ganze Reihe von Folgebänden geplant – schließlich von Suli und dem Reich der Faraner verabschieden muss.

Und genau hier liegt die Crux des Ganzen! Kaum hat man sich eingelebt in dem farbenfrohen Unterwasserreich, erfreut sich an den phantasievoll ersonnenen kleinen Bewohnern des Riffvolkes und verfolgt mit zunehmender Spannung die unerklärlichen Vorfälle und deren Entwicklung, da ist die Geschichte auch schon zu Ende, bricht einfach ab, den Leser mit jeder Menge Fragen, aber nur wenigen Antworten zurücklassend. Zwar werden einige wenige Punkte geklärt, aber das, worum es eigentlich geht, die Ursache dafür, dass das Paradies am Korallenriff Risse und Scharten bekommen hat, bleibt in der Schwebe, man ist ihr im Grunde keinen Zentimeter näher gekommen. Das mag angehen, wenn ein erklärender, auflösender Folgeband nur noch auf seine Veröffentlichung warten würde, so aber wird wohl mancher Leser, so wie ich, das Buch nicht recht befriedigt zuklappen.

Die hübsche, auch für jüngere Kinder leicht zu lesende Erzählweise der Autorin und die vielen kleinen Einzelheiten aus dem Leben in den sieben Hügeln der Faraner, die deren Staat wunderbar plastisch erscheinen lassen und dennoch genügend Raum lassen für die Imagination der Leser, mag zwar ein gewisser Trost sein, kann aber an meinem Gesamteindruck kaum etwas ändern. Ich verstehe schon, dass es von Verlagen festgesetzte Seitenzahlbeschränkungen gibt, doch in Anbetracht dessen wäre es vielleicht sinnvoll, in jedem Falle aber für mich wünschenswert gewesen, die vielen Detailschilderungen weniger ausführlich zu halten und dafür die Handlung selbst zügiger voranschreiten zu lassen, am Ende dann nicht nur eine Zäsur zu setzen, sondern einen vorläufigen Abschluss, der fürs Erste zufriedenstellende Antworten gibt. Es hätte der Spannung keinen Abbruch getan und die Vorfreude auf einen hoffentlich zeitnahen Folgeband mit Sicherheit gesteigert! - Nichtsdestotrotz betrachte ich M. C. Marchs Unterwasserabenteuer als lesens- und empfehlenswerte Lektüre für junge und nicht mehr ganz so junge Leser und werde ganz gewiss die Augen aufhalten nach einer Fortsetzung, die den reizenden kleinen Suli seinen Auftrag hoffentlich bravourös zum Abschluss bringen lässt....