Rezension

Eine hochspannende Schnitzeljagd durch das frühe New York

Matthew Corbett und die Königin der Verdammten - Band 1 - Robert Mccammon

Matthew Corbett und die Königin der Verdammten - Band 1
von Robert McCammon

Bewertet mit 5 Sternen

Wir schreiben das Jahr 1702: Nach seinen Erlebnissen in Fount Royal verschlägt es Matthew in das noch junge New York, dort arbeitet er als Schreiber für einen Richter und die heute mächtige Metropole zählt gerade einmal an die 5000 Einwohner. Das Justizsystem befindet sich noch im Aufbau, die Wirtschaft wächst und mit ihr auch die Kriminalität, die aber noch lange nicht an die Verbrechen des alten Londons heranreicht. Als eines Nachts ein angesehener Arzt in den Gassen ermordet wird und ihm brutale Schnittverletzungen im Gesicht zugefügt werden, die an eine Maske erinnern, ist Matthews Neugier geweckt. Doch der sogenannte »Maskenschnitzer«, wie der Mörder schnell betitelt wird, ist nur ein einzelner loser Faden in einem dicht gewobenen Netz von Intrigen, das zu entwirren sich Matthew schon bald zur Aufgabe macht.

Leseeindruck

»Matthew Corbett und die Königin der Verdammten« (OT: The Queen of Bedlam) ist die zweite Geschichte der Matthew Corbett-Reihe und wurde in Deutschland auf zwei Bände aufgeteilt. Ich werde mich demnach hier auf beide Bände beziehen, denn es handelt sich nun einmal um EINE Geschichte. Meiner Meinung nach sollte man Matthews erstes Abenteuer »Die Hexe von Fount Royal« (ebenfalls in zwei Bücher aufgesplittet) gelesen haben, bevor man in diese Geschichte eintaucht. Nicht weil man sonst womöglich nicht hineinfindet, sondern vielmehr weil man nur so in den vollen Genuß dieses zweiten Abenteuers kommt. Matthews Entwicklung ist so besser nachvollziehbar, seine Charakterzüge verständlicher. Von daher lautet meine Empfehlung ganz klar die Reihe von Anfang an zu lesen.

Diese Story unterscheidet sich ein wenig von der ersten, die viel düsterer daherkommt. »Die Königin der Verdammten« erinnert mehr an einen historischen Krimi im Stil der Sherlock Holmes Erzählungen. McCammons Ezählweise ist grandios. Er versteht es meisterhaft Bilder im Kopf des Lesers zum Leben zu erwecken. Die dreckigen Gassen, das Blut der Opfer, der Pferdemist auf den Straßen, das Essen und die Getränke in den Schänken – das alles kann man sehen, fühlen, riechen, schmecken. Es ist spannend, der Entstehung einer Weltmetropole beizuwohnen, die Entwicklungen und Denkweise der Menschen mitzuerleben. Historie zum Anfassen im Geiste. Chapeau!

Besonders raffiniert legt der Autor zu Beginn etliche lose Fäden aus, führt zahlreiche neue Figuren ein, lässt Matthew in vermeintlich viele verschiedene Richtungen stolpern, um dann im Verlauf alle losen Enden gekonnt miteinander zu verknüpfen. Es braucht Konzentration um nicht die Übersicht zu verlieren, denn McCammon wirft viele Namen und Charaktere in den Ermittlerring, es macht aber auch ungeheuer viel Spaß mitzurätseln, den Geheimnissen und Verbindungen nachzuspüren. Wie hängt alles miteinander zusammen, gibt es überhaupt immer einen Zusammenhang? Das sind die Schlüsselfragen, die man sich als Leser unmittelbar und immer wieder stellt – und das über knapp 900 Seiten hinweg.

Und für alle die, die sich über lange Strecken des ersten Bandes hinweg fragen, was die titelgebende »Königin der Verdammten« denn nun mit dem mordenden »Maskenschnitzer« zu tun hat, denen sei nur so viel verraten: Geduld, es wird sich alles aufklären oder habt ihr etwa Zweifel an Matthews Ermittlerfähigkeiten?

Fazit

Matthew Corbett hat sich mittlerweile zu einer meiner literarischen Lieblingsfiguren gemausert, was nicht zuletzt seinen eingängigen Chraktermerkmalen geschuldet sein dürfte. Aber auch die vielfältigen, raffinierten Abenteuer, in die er sich stets verstrickt, und natürlich die Settings tun ihr Übriges. Humor, Spannung, Authentizität und ein großartiger Schreib-/Erzählstil bilden die Grundlage für unterhaltsame und einprägsame Lesestunden. Absolute Leseempfehlung!