Rezension

Eine kluge Heldin im Hijab

Paheli - Karuna Riazi

Paheli
von Karuna Riazi

Bewertet mit 4 Sternen

An Farah Mirzas 12. Geburtstag passiert etwas Schreckliches, ihr jüngerer Bruder verschwindet in einem antiken Brettspiel. Farahs Tante brachte das geheimnisvolle Spiel mit; auch sie hat es als Kind gespielt und auch damals verschwand jemand darin. Die Mirzas in New York sind eine Familie von Brettspielern. Damit Ahmad, der an ADHS leidet, keinen Wutanfall bekommt, hatte Farah ihn in letzter Zeit jedes Spiel gewinnen lassen. Nun stürzt sie sich mit ihren Freunden Alex und Essie mitten ins Spiel, in eine orientalische Stadt, um Ahmad zu finden und zurückzuholen. Die Kinder gelangen in einen Basar, der wirkt, als könnte jeden Moment ein fliegender Teppich landen, sie bewundern Paläste und magische Artefakte. Farah stammt aus einer religiösen muslimischen Familie, die die traditionelle Fastenzeit begeht, und trägt Hijab. Die Welt von Paheli wirkt auf sie vertraut, weil sie vieles von Besuchen bei ihren Großeltern in Bangladesh kennt. Schließlich werden dem Dreier-Team die Aufgaben bekanntgegeben, die zu lösen sind. Wer das Spiel verliert, muss dort bleiben – auf diesem Weg gelangten die Bewohner in die orientalische Parallelwelt. Die Kinder sollten sich aber besser nicht darauf verlassen, dass das Spiel auch seine eigenen Regeln einhält.

Farah ist traditionell erzogen und handelt klug und mutig, um ihren Bruder zu befreien. Die bengalische Kultur ihrer Vorfahren ist ihr dabei im orientalischen Setting der Abenteuergeschichte eine Hilfe. Wo mit Sandstürmen zu rechnen ist, kann sich ein Hijab zum Schutz als äußerst praktisch erweisen, damit einem der Sand nicht zwischen den Zähnen knirscht. Für die Zielgruppe ab 10 Jahren erzählt Karuna Riazi ihr Abenteuer sehr gradlinig und auf die handelnde Kindergruppe konzentriert. Weitere Abenteuer des Dreierteams kann ich mir sehr gut vorstellen. Band 2 der englischen Ausgabe ist bereits angekündigt.

Dass Farah sich schuldig an Ahmads Verschwinden in Paheli und damit für den verhaltensauffälligen Bruder verantwortlich fühlt, hat bei mir als erwachsener Leserin allerdings einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Die Autorin ist selbst ältere Schwester in der Geschwisterreihe. Würde ein älterer Bruder sich für seine Geschwister ebenso verantwortlich fühlen – oder wird hier im Kostüm der Abenteurerin unüberlegt die Rollenzuschreibung des braven, gut erzogenen Mädchens transportiert? In weiteren Büchern der Autorin würde ich gern darüber lesen, wie die Rolle des ausgleichenden, deeskalierenden Mädchens einmal aufgebrochen wird.