Rezension

Eine schöne Geschichte, die zu Nachdenken anregt

Die Rückkehr - Rebecca West

Die Rückkehr
von Rebecca West

Niemand vergießt eine Träne über das Zerbersten unserer Welt ...(Quelle: Rebecca West, Die Rückkehr, S. 117)

Meine Meinung: Dieses Buch ist so rein äußerlich nun nicht gerade typisch für mein Leseverhalten der letzten Monate. Und in der Buchhandluch hätte ich er vermutlich nicht wirklich zur Hand genommen, also hat sich der DTV Verlag gedacht, wir zwischen das Mädel zu ihrem Glück und schicken es ihr einfach. - Ob das so eine gute Idee war?

Der Roman erschien im Original 1918! und ist laut Vita der Autorin, der einzige zeitgenössische Roman einer Frau über den 1. Weltkrieg. Ob das nun gut oder schlecht ist wer weiß, aber die Vita ist auch ansonsten sehr beeindruckend, vor allem für die damalige Zeit, wo Karrierefrauen nicht an jeder Straßenecke zu finden waren. Allein dieses Buch hat sie mit 24 Jahren geschrieben, später war sie als Berichterstatterin bei den Nürnberger Prozessen. Sie hat sich gewagt einen Verriss zu einem Werk von H.G. Wells zu schreiben (Ok später wurden sie dann ein Paar, aber wer fragt schon :). Und dazu genug. Hier geht es jetzt um ein Buch und nicht das Gesamtwerk der Autorin.

Erzählt wird die Geschichte von einem Mann und seinen 3 Frauen, Kitty seiner Ehefrau, Jenny seine Cousine und  Margaret seine Jugendliebe - alle vereint durch die Amnesie von Chris. Die Geschichte erlebt der Leser durch die Augen von Jenny, die auf der einen Seiten mittendrin ist im Geschehen und doch auch den Abstand hat, um zu begreifen.

Der Krieg mit seinen Schrecken steht allerdings nicht im Vordergrund. Rebecca West schreibt über Selbstbetrug, über die Kunst Masken zu tragen und die Welt zu betrügen - und über Selbstbetrug. Die knapp 160 Seiten sind bei weitem nicht ausreichend um sich mit dem komplexen Seelenleben von vier so unterschiedlichen Menschen zu beschäftigen, doch es reicht um zu sehen wie diese Menschen auf eine akute Krise reagieren.

Jenny holt Chris nach Hause um ihm zu helfen sich zu erinnern. Doch Chris hat die letzten 15 Jahre verloren. Er erinnert sich an seine Liebe zu Margaret, auch an seine Cousine, doch seine Frau Kitty ist ihm gänzlich fremd. Kitty reagiert empört und eingeschnappt, doch Jenny und Margaret versuchen Chris wiederzugeben, was er verloren hat. Doch wie viel er verloren hat, kann keiner bemessen. 3 sehr verschiedene Frauen, in einem vereint - der Liebe zu einem Mann, wie sie ihn zu kennen glauben. 

Rebecca West lässt den Leser wie auch ihre Protagonisten hinter die Kulissen schauen. Hinter Masken und Illusionen und lässt uns wünschen, das es diesmal keine Heilung für die Protagonisten gibt, da dieses Ende nicht Happy sein kann. Sie zeigt einen interessanten, wenn auch kleinen Einblick in eine Zeit, in der man Standesdünkel und das Erscheinungsbild fast alles ist. Wo nur der schöne Schein interessiert. Doch was, wenn das Schicksal einem eine 2. Chance gewährt. Wenn du das, was dich in deinem Inneren unglücklich macht, vergessen kannst? Wenn du den, den du liebst, vor den schlechten Erinnerungen schützen kannst? 

Fazit: Ich habe den Roman, wider Erwarten sehr genossen. Die Frage, was wäre wenn und die kleine Hoffnung, in einer Zeit voll Düsternis. Es hat lange gedauert, bis dieser Roman auch in der deutschen Literatur, seinen Platz erhielt und das ist schade.