Rezension

Eine Spurensuche nach so vielen Jahren ist kompliziert

Die Toten vom Djatlow-Pass - Alexej Rakitin

Die Toten vom Djatlow-Pass
von Alexej Rakitin

Bewertet mit 4 Sternen

Im Januar 1959 brechen neun junge Wanderer zu einer Wanderung durch die eisige Welt des Urals auf. Alle sind geübte Kletterer, gut vorbereitet und sehen dieser Bergtour mit viel Freude entgegen - doch knapp einen Monat später werden ihre Leichen am Djatlow-Pass gefunden. Niemand kann - oder will - sagen, was passiert ist und so landet der Fall auf einem in der damaligen Sowjetunion wohl recht hohen Stapel der ungeklärten Fälle. Was hat der KGB, der kalte Krieg und die damit einhergehende Spionage mit dem Tod von neun jungen Menschen zu tun?

Die Toten vom Djatlow-Pass  ist in diverse Kapitel aufgeteilt, was die Übersicht auf jeden Fall erleichtert. Es beginnt mit einer sehr ausführlichen Vorstellung der Teilnehmer der Bergtour. Ihre Namen, ihre Stärken und Schwächen, ihr Verhältnis untereinander und ihre Zielsetzungen werden sehr akribisch untersucht und vorgestellt. Das kann manchmal ein bisschen schwierig sein, denn ich konnte mir z.B. die vielen russischen, und daher recht fremd klingenden, Namen nicht so gut merken. Den russischen Lesern dürfte das allerdings viel leichter gefallen sein :-)

Unklare Auffindesituation

Anschließend geht es weiter mit der Auffindesituation der Leichen, den gerichtsmedizinischen Unterlagen und den, nach heutigen, westlichen Standard, sehr lückenhaften Untersuchungen des gesamten Vorfalls. Man vergisst beim Lesen schnell, dass das alles schon mehr als fünfzig Jahre her ist und viel Untersuchungsmethoden einfach noch nicht entdeckt oder erforscht waren. Andererseits wollte man auch auf dieser Seite des eisernen Vorhangs manche Dinge gar nicht so genau wissen - diese Art der Ignoranz war leider nicht auf die russische Seite beschränkt.

Verschwörungstheorien en masse

Danach widmet sich Aleksey Rakitin sehr ausführlich den unzähligen Verschwörungstheorien die es um diesen Fall gibt. Dieser Teil war mir entschieden zu langatmig. Man muss nicht jede irre Theorie bis ins Kleinste darlegen und diskutieren, nicht jede Missetat des KGB aus der Mottenkiste hervorkramen und Spione gab und gibt es auf beiden Seiten. Damals genau wie heute. Aber ich schätze, er wollte sich dann auch nicht vorwerfen lassen, er habe auch irgendwas unterschlagen - aber trotz aller Längen, die dieser Teil hatte, war vieles auch hier wirklich spannend zu erfahren.

Bilder einer fremden Welt

Kapitelübergreifend mochte ich vor allem die vielen Bilder in diesem Buch. Es machte es mir einfacher, mir diese jungen Menschen noch lebend vorzustellen und Mitgefühl zu entwickeln. Auch die Bilder der Landschaft und Orte fand ich spannend. Ich war noch nie in Russland und konnte mir so viel besser vorstellen, so wie es damals dort ausgesehen hat. Sie vermitteln oft einen, wenn auch kleinen, Einblick in das Leben der Menschen dort zu dieser Zeit. Aleksey Rakitins Schlussfolgerungen zu den Geschehnissen klingen logisch und nachvollziehbar und ich neige dazu, ihm zu glauben. Aber natürlich kann ich das alles gar nicht überprüfen und muss mich da auf den Autor verlassen.

Mein Fazit:

Die Toten vom Djatlow-Pass ist eine spannende Spurensuche in der Vergangenheit. Trotz diverser, kleinerer Längen fand ich das Buch sehr spannend und aufschlussreich, man muss sich allerdings schon ein bisschen für Politik und jüngere Geschichte interessieren.