Rezension

Eine starke Heldin und ein noch stärkerer Plot

Die Feuerkrone - Rae Carson

Die Feuerkrone
von Rae Carson

Bewertet mit 5 Sternen

Licht bricht sich auf einer stählernen Schneide, und ich reiße das Banner gegen das hässliche Glänzen hoch.
Etwas stößt gegen die Seide, gleitet ab, prallt gegen meinen Unterarm. Meine Haut teilt sich, Schmerz fährt mir bis hinauf in die Schulter.
Ich lasse das Banner fallen, husche kriechend wie ein Krebs zurück, aber ich stoße gegen einen Sockel. Die Klinge stößt wieder zu.
Ich schreie, als sie von meinem Feuerstein abgleitet und in meinen Bauch fährt, als wäre ich aus Butter.

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INHALT:
Nachdem der Krieg gegen die Inviernos knapp gewonnen wurde, ist die junge Elisa, Trägerin des mächtigen Feuersteins, Königin und muss über ein ganzes Land herrschen. Doch immer wieder kommt es zu Aufständen und Angriffen auf ihr Leben - und es ist klar, dass die Inviernos noch lange nicht aufgegeben haben. Elisa muss sich erneut zum Kampf bereit machen. An ihrer Seite ist dabei immer ihr Leibwächter Hector, für den sie bald mehr als freundschaftliche Gefühle hegt. Doch ihrer beider Leben sind in höchster Gefahr...

MEINE MEINUNG:
"Der Feuerstein" ist der 2. Band der "Girl of Fire and Thorns"-Reihe von Rae Carson und schließt ein paar Monate nach den Geschehnissen des Vorgängers an. Viel davon wird nicht erklärt, weswegen es gut ist, sein Gedächtnis durch Zusammenfassungen noch einmal aufzufrischen - letztendlich ist es aber nicht allzu schlimm, nicht mehr den genauen Inhalt zu kennen, denn spätestens nach 50 Seiten ist man hier trotzdem total gefesselt. Der Schreibstil ist gewohnt eindringlich und schnörkellos schön und durch die Ich-Perspektive und das Präsens hat man das Gefühl, vollkommen dabei zu sein.

Elisa hat sich im letzten Teil langsam, aber stetig von einem wenig selbstbewussten, dicken und schwachen Mädchen in eine starke Heldin gewandelt. Anders, als es zum Ende hin rüber kam ist sie übrigens noch immer nicht perfekt - sie hat zwar Gewicht verloren, ist aber noch lange nicht schlank und schön. Das ermöglicht es einem als Leser sehr gut, sich weiterhin in sie hineinzuversetzen. Außerdem ist ihre Intelligenz ein wunderbarer Gegensatz zu den dümmlichen Protagonisten vieler anderer Jugendromane. Ebenso gefällt auch Hector selbst. Er ist ganz anders als Humberto, und überzeugt durch sein Pflichtbewusstsein, aber auch seinen liebevollen Umgang mit anderen Figuren. Und auch die Nebencharaktere sind erneut grandios gezeichnet, wissen immer wieder zu überraschen und lösen im Leser alle etwas aus - ob es nun Zuneigung ist, Hass, oder etwas dazwischen.

Nachdem Band 1 anfangs einige Zeit brauchte, um richtig loszulegen, dauert es hier nicht lange, bis sich Elisa einmal wieder in großer Gefahr befindet. Und diese kommt von allen Seiten: aus den engsten Kreisen, aus dem Volk und nicht zuletzt auch aus den Reihen der vielen Feinde des Landes. Die Spannung baut kaum jemals ab, und wenn doch, wird sie kurz darauf gleich wieder hoch getrieben. Elisa lernt langsam endlich, mit den Kräften ihres Feuersteins umzugehen, ebenso zeigt sich aber auch ihre Qualitäten als Königin. Man merkt, dass die Autorin sich nicht nur in den phantastischen Gebieten auskennt, sondern auch in denen des höfischen Geplänkels und der Intrigen. Wie im Vorgänger muss man sich aber auch hier im Klaren sein, dass die gesamte Bevölkerung im Buch einen starken Glauben an Gott besitzt und Elisas Kräfte beispielsweise ebenfalls von diesem herrühren - es wird also recht viel gebetet. Ich als Atheistin fand dies zwar zeitweilig befremdlich, aber nie wirklich störend, denn es gehört einfach zur Kultur.

Das High Fantasy-Setting wird in diesem Teil noch weiter ausgebaut, und überzeugt auf ganzer Linie. Zwar ist das Ganze nicht wirklich komplex, fasziniert aber insbesondere während der obligatorischen Reise durch die Details und Ideen. Und auch die Liebesgeschichte wurde wunderschön umgesetzt: Nicht nur entwickeln sich die Gefühle langsam und stetig, auch wirken sie glaubwürdig, da die beiden einander so sehr brauchen. Die Romantik übertritt nie ein gewisses Level, wodurch die Story immer im Vordergrund steht, dennoch kommt es zu einigen sehr niedlichen Momenten. Bis zum Ende bleibt der Roman auch sonst authentisch, fesselnd und originell - und der Schluss lässt dann sowieso keine andere Wahl, als den letzten Band zu lesen und sich bis dahin schon einmal alle möglichen Szenarien im Kopf auszumalen.

FAZIT:
Wo "Der Feuerstein" noch an einigen kleineren Stellen etwas unausgereift wirkte, läuft "Die Feuerkrone" nun zu absoluter Höchstform auf. Der High Fantasy-Roman ist spannend, ideenreich, mitreißend und wunderbar romantisch. Geniale Charaktere führen zu einem Leseerlebnis der besonderen Art. Band 3 ist bereits letztes Jahr im Englischen erschienen - ich hege also die Hoffnung, dass auch dieser schnellstmöglich übersetzt wird. Totale Leseempfehlung und 5 Punkte von mir!