Rezension

Emotionaler Auftakt, der einige ernste Aspekte thematisiert

Dear Sister -

Dear Sister
von Klara Robert

Bewertet mit 3.5 Sternen

Eine Geschwisterbeziehung, die sich mit der Zeit zu weitaus mehr entwickelt. Genau bei dieser Entwicklung begleiteten wir den 17-jährigen Joe, der sich zu seiner Zwillingsschwester Jenna hingezogen fühlt. Wie genau er sich dabei fühlt und welche Wirkung dies auf die Außenwelt hat, das dürfen wir Leser miterleben.

Der Einstieg fiel mir nicht so leicht. Ich war zunächst etwas verwirrt und konnte, auch nachdem ich ein bisschen weitergelesen habe, nicht ganz verstehen, warum diese Szene als Anfangsszene gewählt wurde. Aber letztendlich konnte ich da gut drüber hinwegsehen und hatte auch schnell die Orientierung über das Geschehen und die Charaktere. Falls es euch mit dem Anfang genauso geht, Weiterlesen lohnt sich auf jeden Fall – es wird besser verständlich und leichter zu lesen.
Zudem hatte ich kleine Schwierigkeiten mit der Erzählperspektive - erzählt wird die Geschichte in der dritten Person. Aber auch daran habe ich mich schnell gewöhnt und den Schreibstil später als fesselnd und sehr flüssig empfunden, wozu auch die kurzen Kapitel beigetragen haben.

Jenna und Joe sind 17-jährige Zwillinge. Sie haben eine sehr enge Bindung zueinander und stehen immer füreinander ein, egal in welchen Situationen. Diese Geschwisterbeziehung ist wünschenswert und kann fast als Idealbild gesehen werden, jedoch kamen mir die beiden an verschiedenen Stellen sehr viel jünger vor, da ihr Verhalten teilweise sehr kindlich war. Das hat mich zunächst ein bisschen irritiert und überrascht, aber letztendlich ist es auch egal, ob sie 17 oder doch einige Jahre jünger sind, da es hier um die Grundproblematik, der Entwicklung von Liebesgefühlen zwischen Geschwistern geht. Zudem konnte man im Verlauf eine Entwicklung der beiden sehen.
Die beiden Protagonisten hatten schon zu Beginn eine Bindung zueinander, die meiner Ansicht nach schon über eine gute Geschwisterbeziehung hinausgeht - ein Küsschen auf die Wange in der Öffentlichkeit, ein zärtliches Streicheln der Hand und viele ähnliche Situationen, die für mich einfach zu viel waren. Aber für die beiden scheint es wohl normal zu sein und da es gefühlsmäßig noch eine Stufe höher gehen kann, war es auch gar nicht so dramatisch.

Schön finde ich, dass neben den Protagonisten Jenna und Joe auch deren beide Freunde Julia und Jack als Nebencharaktere eine wichtige Rolle spielen und diese ebenso gut ausgestaltet worden sind und ihren Raum in der Geschichte finden. Und mehr als einmal wird deutlich, was für gute Freunde die beiden sind und wie sie eine entscheidende Rolle für den weiteren Handlungsverlauf einnehmen.

Inhaltlich passiert nicht so viel in dieser Geschichte. Der Fokus liegt eher auf emotionaler Ebene. Uns Lesern werden die Gefühle von Jenna und Joe in den unterschiedlichen Lebenslagen vermittelt, ebenso wie die inneren Konflikte und die Zerrissenheit, die durch die "verbotenen" Gefühle entstehen. Diesen Fokus auf die Gefühle finde ich gut, aber manchmal hätte ich mir gewünscht, dass es noch mehr thematisiert wird, das heißt, dass wir noch mehr die Verwirrung der beiden und ähnliche Gefühle lesen können. Dass der inhaltliche Verlauf eher nachrangig abgehandelt wird, finde ich nicht störend, jedoch wären manchmal noch einige weiterführende Hintergrundinformationen für das Verständnis und die Nachvollziehbarkeit gewisser Gefühle und Handlungen hilfreich gewesen. Zudem tauchen an einigen Stellen Personen auf oder es geschehen Ereignisse, wo ich dachte, dass dort noch etwas kommt und diese eine entscheidende Rolle einnehmen, allerdings wird ihnen nur für den Moment eine höhere Bedeutung zugemessen und schüren mehr Erwartungen, als sie letztendlich für den weiteren Handlungsverlauf relevant sind – schade, da hätte man mehr draus machen können oder aber diese Szenen und Personen nicht in dem Ausmaße erwähnen können.

Das Thema wird sensibel behandelt. Neben der Hauptthematik - den Liebesgefühlen zwischen den Geschwistern - gibt es noch zahlreiche andere ernste Themen, die passend in die Handlung mit eingebracht worden sind, beispielsweise eine ungesunde Ausgestaltung einer Beziehung, auf die der Spruch "Liebe macht blind" perfekt zutrifft.

Das Ende war noch einmal sehr überraschend und spannungsgeladen. Damit habe ich bis zuletzt nicht mit gerechnet. Es weckt definitiv Interesse auf den zweiten Band der Dilogie, denn es sind noch einige Fragen ungeklärt und mit der mit Spannung und Dramatik gesäumten letzten Szene kann noch so gut wie alles passieren.

Auch, wenn es noch etwas Verbesserungspotenzial gibt, hat mir dieses Buch schöne Lesestunden geschenkt und ich habe Jenna und Joe bei ihrer emotionalen Reise gerne begleitet. Wenn ihr ein Buch über das Thema Geschwisterliebe sucht und für euch eine spannungsgeladene Geschichte nachrangig ist, kann ich euch dieses Buch empfehlen, denn auf emotionaler Ebene ist es sehr schön zu lesen.