Rezension

Endlich, endlich auch auf deutsch!!!

Wenn der Wind singt / Pinball 1973 - Haruki Murakami

Wenn der Wind singt / Pinball 1973
von Haruki Murakami

Bewertet mit 5 Sternen

Noch keine Rezension zu diesem tollen Buch auf dieser tollen Website!

Das muss ich mal schnell ändern.

„Wenn der Wind singt“ und „Pinball 1973“ sind die beiden bisher auf deutsch unveröffentlichten Erstlingswerke von Murakami. Übrigens hängen beide Bücher eng zusammen, daher macht die Veröffentlichung in einem Band tatsächlich Sinn. Beide Texte bilden den Auftakt zur Trilogie um „Ratte“, dem engsten Freund des Erzählers. „Wilde Schafsjagd“ ist der Abschluss dieser Trilogie.

Der Anfang einer großen Karriere

„Wilde Schafsjagd“ sieht Murakami als Anfang seiner Schriftstellerkarriere. Seine beiden ersten Bücher (die er trotzdem schätzt) sieht er dagegen als „Küchentischromane“ und er streubte sich jahrelang gegen eine Übersetzung. Jetzt sind diese beiden Bücher aber endlich auch auf Deutsch erschienen, natürlich wieder übersetzt von Ursula Gräfe, der „deutschen Stimme“ Murakamis.

Mich hat dieses Buch wieder vollkommen begeistert. Und daher habe ich auch „Wilde Schafsjagd“ direkt im Anschluss nach langer, langer Zeit wieder gelesen.

Vorneweg: was kann dieses Buch, was andere Bücher nicht können? Dieses Buch tut einfach gut. Es tröstet. Es ist sehr humorvoll. Es ist einfach wunderbar. Murakami eben!

Und tatsächlich ist auch schon in diesen beiden frühen Werken alles da, was „einen Murakami“ ausmacht. Erstmal ist da der sympathische Ich-Erzähler, der in fast allen Büchern Murakamis auftaucht. Dann gibt es mysteriöse Liebesgeschichten (zwei attraktive Zwillinge, die plötzlich in der Wohnung des Erzählers auftauchen.... + eine herzzerreißende Liebesgeschichte zwischen einem Menschen und einem Flipperautomaten...). Es wird viel, viel Bier getrunken (Murakami lesen ohne gut gekühltes Bier in Reichweite: für mich unmöglich!). Es wird viel, viel Musik gehört.

Und natürlich diese unverwechselbare, eigentlich ganz einfache Murakami-Sprache...

Murakami bricht mit Traditionen

Denis Scheck meinte zu diesem Buch, dass sich einem die Bedeutung Murakamis durch diese Veröffentlichung nicht erschließe. Da hat er auf den ersten Blick sicherlich nicht ganz unrecht. Im Grunde sind es wirklich eher erste Schreibversuche (allerdings sehr unterhaltsame, gute und aufschlussreiche).

Interessant aber auch, wie Murakamis englischer Übersetzer diese Werke bewertet (zu sehen in dieser feinen, kleinen Dokumentation: https://vimeo.com/81601993)

Bevor Murakami auf der Bildfläche erschien, war nämlich die japanische Nachkriegsliteratur, so der Übersetzer, todernst. Und da kamen diese beiden Bücher, die man problemlos in ein paar Stunden auf der Couch liegend durchlesen konnte, und die einen einfach glücklich machten. Geschrieben in einem völlig neuen Sound, der sich eher an amerikanischer Literatur orientierte!

Insgesamt würde ich sagen: beide Romane sind längere Kurzgeschichten Murakamis (und es gibt ja einige Menschen, die seine Kurzgeschichten seinen Romanen vorziehen). Sie sind sehr frisch, sehr lebendig geschrieben und machen einfach Spaß.

Wie Murakami zum Schreiben kam

Lohnenswert wird dieses Buch auch noch durch das tolle Vorwort Murakamis, das eigentlich auch schon fast wieder eine eigene kleine Kurzgeschichte ist und davon handelt, wie er zum Schreiben kam (in einem Baseballstadion hatte er eine Art Eingebung!) und wie er seinen Stil fand (1. konnte er nicht viel mit japanischer Literatur anfangen und las lieber amerikanische und russische Klassiker und 2. fing er seinen ersten Text probeweise auf englisch an, was ihn sprachlich zur Reduktion zwang).

Ach, man könnte seitenweise noch weiterschreiben und weiterschwärmen. Daher, ganz schnell und ganz kurz: was für ein tolles, tolles Buch!!!

Kommentare

Philipp Buschatz kommentierte am 20. Juni 2015 um 01:11

Für Interessierte: der sehr interessante Interviewausschnitt mit dem englischen Übersetzer Alfred Birnbaum beginnt ca. 23:30 in diesem Video: https://vimeo.com/81601993.

Angara kommentierte am 20. Juni 2015 um 07:53

Oh, eine schöne, aussagekräftige Rezension. Danke dafür!

ErikaMustermann kommentierte am 20. Juli 2015 um 14:42

Stimmt, das Vorwort fand ich sehr interessant! Sonst erfährt man Leser nur selten, wie Autoren zum Schreiben kamen.

Bücherteufelchen7000 kommentierte am 21. Juli 2015 um 11:43

Eine ganz tolle Rezi, gespickt mit vielen interessanten Zusatzinformationen!
Gefällt mir ausnehmend gut.

Philipp Buschatz kommentierte am 26. Juli 2015 um 20:47

Oh, vielen Dank ;-)