Rezension

Erschieß die Apfelsine

Erschieß die Apfelsine - Mikael Niemi

Erschieß die Apfelsine
von Mikael Niemi

Bewertet mit 3 Sternen

"Erschieß die Apfelsine" umfasst 237 Seiten und gliedert sich in 25 Kapitel. Diese haben mit durchschnittlich neun Seiten eine angenehme Länge. Besonders sind die Kapitelüberschriften. Nur 16 der 25 Kapitel sind ausdrücklich als Kapitel überschrieben, wobei das Wort "Kapitel" dabei sehr bizarre Formen wie zum Beispiel "Katippel" oder "Kapiffel" annimmt. Fünf der Kapitel tragen als Überschrift das Wort "Monolith" sowie die Ziffern Eins bis Fünf. Die verbleibenden vier Kapitel sind jeweils mit einem Titel überschrieben.

Geschrieben ist das Buch aus Sicht des namenlosens Helden. Die Zeitformen wechseln zwischen Gegenwarts- und Vergangenheitsform.

Der Titel der deutschen Übersetzung geht auf ein Zitat aus dem Buch zurück.

Das Cover ist sehr auffällig gestaltet. Der schwarze Hintergrund steht in einem auffälligen Gegensatz zu den grellen Rot- und Orangetönen.

Die schwedische Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel "Skjut Apelsinen" bei Raben & Sjögren, Stockholm. Übersetzt wurde das Buch von Christel Hildebrandt.

Meine Meinung zum Buch:
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Das Buch beginnt mit Ratschlägen des Ich-Erzählers an den Leser, was zu beachten ist, wenn man sich verliebt. Leider hält sich der Ich-Erzähler selbst nicht an seine eigenen Ratschläge, sondern gesteht dem hübschesten Mädchen der Schule seine Liebe. Leider beruht diese nicht auf Gegenseitigkeit und so stirbt der Ich-Erzähler einen tragischen Heldentod: Sein Herz zerbricht.

Daraufhin beschließt er, ein neuer Mensch zu werden. Er ändert sein Auftreten, seinen Kleidungsstil und will die Welt verbessern. Sein größtes Ziel ist es, sich von den Arschgeigen und Idioten seiner Schule abzugrenzen, die dem Marken- und Schönheitswahn völlig verfallen sind.

Die größte Veränderung liegt in seinem Verhalten: Er beginnt, zu provozieren. Aber nicht durch Worte, sondern durch eine Kittelschürze seiner Mutter, durch Nasenschleim auf der Wange, durch provozierende Gedichte, die er an das Schwarze Brett der Schule heftet.

Während sein Verhalten zunächst kaum Reaktionen hervorruft, bringt er doch im Lauf des Buches eine Handlung in Gang, die er so sicher nicht geplant hatte und die außer Kontrolle gerät. Stellenweise ist die Handlung grotesk und bizarr, stellenweise bringt sie zum Schmunzeln.

Niemis Held in "Erschieß die Apfelsine" ist ein typischer Sechszehnjähriger mit typischen Teenager-Problemen, die sich vor allem um Anerkennung, Liebe, Sexualität, Freundschaft und Streit mit den Eltern drehen. Sehr authentisch wirkt das Buch vor allem durch den Schreibstil Niemis, der völlig der Ausdrucksweise eines männlichen Sechszehnjährigen entspricht. Niemis Held nimmt kein Blatt vor den Mund, sondern plaudert munter drauf los und lässt den Leser an seinen intimsten Gedanken teilhaben. So manche Körperfunktion wird erörtert und an derben Ausdrücken findet sich eine Vielzahl.

Gleichzeitig ist Niemis Schreibstil sehr bildhaft, lautmalerisch und direkt. Man könnte ihn fast schon als poetisch bezeichnen, jedenfalls ist er sehr literarisch.

"Erschieß die Apfelsine" gibt viel Raum zum Interpretieren. Die Handlung mutet fast poetisch an. Es ist ein intelligentes Buch, das ein Zwischen-den-Zeilen-Lesen erfordert.

Sich mit dem Helden des Buches zu identifizieren, mag vielleicht schwerfallen, denn er ist ein sehr eigener und spezieller Charakter. Und doch schafft es Niemi, dass man als Leser zumindest mit ihm mitfühlt, ihn versteht, sein Handeln nachvollzieht.

Mein Fazit:
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Ein Buch über das Erwachsenwerden und über kleine Veränderungen, die große Folgen nach sich ziehen.