Rezension

Erst lahm, dann doch spannend, zuletzt unrealistisch

Federball - John Le Carré

Federball
von John Le Carré

Bewertet mit 3 Sternen

REZENSION – In seinem im Oktober bei Ullstein veröffentlichten Roman „Federball“ widmet sich der britische Schriftsteller John le Carré (88) den aktuellen politischen Themen seines Landes - dem Brexit und der ersatzweise gesuchten Nähe zu den USA und deren Präsidenten Donald Trump. Dabei macht der Altmeister des britischen Spionageromans keinen Hehl aus seiner eigenen entschiedenen Ablehnung in beiden Punkten. Zugleich zeigt er aber in der Handlung und deren Protagonisten den für viele patriotisch gesinnte Briten entstandenen Konflikt, sich gegen das eigene Land stellen zu müssen.

Worum geht es im Roman? Der fast 50-jährige britische Agentenführer Nat kehrt nach 20-jährigem Auslandseinsatz in die Londoner Zentrale zurück, wird aber, da er ein Agent der alten Generation ist, gewissermaßen in die Wüste geschickt und als Leiter der Abteilung „Oase“ zugeteilt, ein Sammelbecken nicht mehr oder noch nicht für Einsätze geeigneter Geheimdienstler. Nur mit Schreibtischarbeit beschäftigt, widmet er sich umso lieber seiner berufsbedingt in den vergangenen Jahren vernachlässigten Ehefrau Prue und seiner längst herangewachsenen Tochter. Im Club pflegt er sein Image als scheinbar unbesiegbarer Vereinsmeister im Federball. Eines Tages bekommt Nat dann doch endlich eine Aufgabe: Ein britischer Maulwurf scheint brisantes Material aus höchster Regierungsebene an die Russen zu verraten.

Zeitgleich wird Nat vom neuen Vereinsmitglied Ed, einem schlaksigen Mittzwanziger, zum Federball-Match herausgefordert. Der junge Mann ist ein entschiedener Gegner des Brexits, schimpft auf Donald Trump und auf seine langweilige Tätigkeit in einer Medienagentur. Beide Sportler kommen sich trotz des Generationsunterschieds menschlich näher, da Nat in dem jungen Mann nicht nur sportlich einen gleichrangigen Partner erkennt, sondern auch dessen politische Meinung überwiegend teilt. In diesem ideologischen Konflikt seines Agenten, einerseits als Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes gewissermaßen zum Patriotismus verpflichtet zu sein, andererseits dies aufgrund der aktuellen Politik nicht sein zu können, zeigt uns der Autor die aktuelle politische Brisanz für viele seiner Landsleute und auch für sich selbst.

Denn in vielen Dialogen seiner Figuren, die deutlicher nicht sein können, „hören“ wir gewissermaßen den 88-Jährigen lautstark schimpfen, wenn er zum Beispiel seinen Nat sagen lässt: „Lassen Sie mich an dieser Stelle festhalten, … dass der Brexit allerdings schon lange ein rotes Tuch für mich ist. Ich bin durch und durch Europäer.“ Oder wenn der junge Ed zürnt: „Halten Sie Trump, …, für eine Bedrohung der gesamten zivilisierten Welt, für einen Aufwiegler, der der systematischen ungebremsten Nazifizierung der Vereinigten Staaten vorsitzt?“

Carrés neuer Roman „Federball“ ist kein typischer Spionage-, eher ein Politroman. Es fehlt dem Buch trotz der Deftigkeit obiger Zitate an Tempo, Spannung und Dramatik. Erst nach den ersten 130 Seiten, bei deren Lektüre man sich fragt, wohin der Autor uns eigentlich führen will, kommt endlich Spannung auf. Das Ende ist dann allerdings so unrealistisch, dass es eines John le Carré nicht würdig ist. Es hat wirklich schon bessere Romane vom Altmeister des britischen Spionageromans gegeben.