Rezension

Erstaunliche Gnade - Werdegang eines berühmten Liedes

Amazing Grace -

Amazing Grace
von Steve Turner

Bewertet mit 5 Sternen

Wer kennt es nicht, das berühmte Lied über die Gnade? Der Engländer John Newton hatte ein bewegtes Leben hinter sich, als er es 1773 in England schrieb. Das bekannteste Detail seiner Biographie ist wohl seine Zeit als Sklavenschiffer, eine Profession, von der er sich später abgewandt hat. In diesem Buch erfahren wir noch mehr über ihn, angefangen bei der Zerrissenheit des moralisch unbeständigen jungen Mannes, der sich ständig in neue Schwierigkeiten bringt, über seine vergeblichen Bemühungen, sein Leben nach den Grundsätzen des christlichen Glaubens auszurichten, bis hin zu seiner Abkehr vom Glauben. Nachdem er Zeiten schrecklicher Demütigung erfahren hat, erlebt er mehrere wundersame Errettungen auf See, und es dauert ziemlich lange, bis bei ihm der Groschen fällt: hier kann nur eine göttliche Hand im Spiel sein, aber das erscheint völlig paradox: warum sollte Gott ausgerechnet einen dermaßen verdorbenen Menschen wie ihn retten? Das Phänomen der göttlichen Gnade zeigt sich ihm so überwältigend, dass sich John Newton erneut auf den Weg macht, Christ zu werden. 

Nach einem aussagekräftigen Vorwort widmet sich der erste Teil des Buches der Biographie Newtons, während im zweiten Teil die Erfolgsgeschichte seines Liedes „Amazing Grace“ beleuchtet wird. Wir erfahren so auch etwas über die Shape-Note-Bewegung in Amerika und darüber, warum sich das Lied besonders in den Staaten so schnell ausbreiten konnte. Im Kapitel „Begegnung mit der Musik“ geht es um die Hymnen-Sammler Charles Harvey Spilman, William Walker und Benjamin Franklin White und wie sie mit ihren Anthologien dazu beitrugen, dass Text und Melodie von „Amazing Grace“ zusammenfanden. In weiteren Kapiteln wird die Erweckungsbewegung von Moody und Sankey und ihr Einfluss auf „Amazing Grace“ beleuchtet und wie die afrikanischen Sklaven in den Vereinigten Staaten sich diese und andere Hymnen zu eigen machten. 

Und dann ist ein ganzes Kapitel der Frage gewidmet „Was ist Gnade?“ und das zurecht, denn dieser Begriff hat durchaus vielfältige Facetten, und es ist spannend, diese eingehender zu beleuchten. 

Auch wenn ein Quellenverzeichnis am Ende fehlt, ist das Buch sehr sorgfältig recherchiert und lässt keine Wünsche offen. Ich hatte eine leichte, anrührende Lektüre für ein paar gemütliche Leseabende erwartet, bekam aber viel mehr; gerade für mich als Musikerin gab es überraschend viele spannende Informationen, und bald hatte ich unser altes Gemeindeliederbuch zur Hand genommen und dort gleich mehrere Texte von Newton und anderen, die mit ihm zu tun hatten, entdeckt. Die Lektüre war für mich nicht nur inspirierend, sondern brachte auch einen erheblichen Wissenszuwachs; von der Shape-Note-Bewegung zum Beispiel hatte ich vorher noch nie gehört. Und für mein eigenes Glaubensleben hat das Buch die faszinierende Gnade Gottes wieder neu in den Focus gerückt. Ich vergebe gerne überzeugte fünf Sterne.

Gott hat mich wahrhaftig in der dürren Einöde gefunden! Er hat mich in eine Vielzahl von Situationen geführt und mich umfangen. In allem hat er über mir gewacht und mich wie seinen Augapfel behütet.

                                                  John Newton