Etwas großes beginnt...
Bewertet mit 4.5 Sternen
Was ist Fantasy? Diese Frage stellt sich mir schon seit geraumer Zeit. Seit einigen jahren sieht man in den Buchregalen der „Fantasy“-Abteilung die immergleichen Geschichten von Vampiren, Werwölfen, Engeln, Dämonen oder anderen phantastischen Lebewesen. Der Griff zu den „Chroniken von Chaos und Ordnung“ war da schon fast eine Selbstverständlichkeit: Das Cover ist schlicht gehalten (Schwarz/Weiß), fällt aber gerade dadurch im bunten Fantasymeer auf. Auch der Klappentext schafft zu fesseln:
Amalea im Jahre 340 nGF, fünfhundert und sechzig Jahre nach dem Höhepunkt der Chaosherrschaft:
„Die Zeit der Dunkelheit ist vorüber.
Die Völker Amaleas sind im Begriff, die Welt von den letzten
Chaosanhängern zu befreien und den Göttern der Ordnung
zu neuer Macht zu verhelfen …“
Betont gelassen startet dafür das Buch: Nach einer Niederlage gegen Aufständische fliehen der Waldläufer Thorn Gandir, die Elfin Kitayscha und die Halb-Elfin Rosmerta nach Valian. Dort erhält Thorn den Auftrag Valians Zepter zu finden, das Gerüchten zufolge von einem mächtigen Feind des Imperiums entwendet wurde. Begleitet von der Söldnerin Chara, dem Kriegspriester Telos und dem Barbaren Bargh macht er sich auf die gefährliche Reise durch die aschranische Wüste. Ist man an dieser Stelle im Buch angelangt, sind schon knapp 250 der knapp 550 Seiten gelesen, Schlachten geschlagen, alte Feinde besiegt und neue erschaffen. Die nun beginnende Suche endet, soviel sei verraten, nicht wie erhofft…
Nachdem ich das über 500 Seiten starke Erstlingswerk des Autorenehepaars Praßl gelesen habe, bleibe ich leicht verwirrt zurück: Nach anfänglichen Ruhephasen steigert sich die Handlung zur Mitte hin, um dann wieder ein gemächliches Tempo anzuschlagen. Ich persönlich fand das Erzähltempo in dieser Phase dem Inhalt angemessen, kann aber auch die in einigen Rezensionen vorgebrachte Kritik, dadurch entsteht ein Hänger, verstehen. Nach diesem „Hänger“ steigert sich die Spannung zum Ende hin abermals und lässt den Leser mit einem Cliffhanger zurück. Würde dem Buch eine Vorbestellung für Band 2 beiliegen, ich hätte sie sofort unterschrieben.
Was bleibt also hängen:
Dies ist der Auftakt einer Reihe. Als Leser sollte man sich dessen bewusst sein, da die Handlung nur bedingt abgeschlossen wird, der Kampf Ordnung gegen Chaos wird in Band 1 nur angedeutet
Wer weichgespülte Fantasy mit schwarz/weiß Helden und Stereotypen mag, wird sich an diesem Band die Zähne ausbeißen. Bis zum Schluss wandeln fast alle Charaktere in einer moralischen Grauzone, die selbst der Namensgebende Held Thorn Gandir nicht verlässt
Für ein Erstlingswerk ist die sprachliche Qualität überragend! Gerade die Beschreibungen von Details, wie z.B. der Landschaft, tragen zur lebendigen Welt bei
Die Gespräche der Charaktere offenbaren philosophische Welten, die man so nicht von belletristischen Werken gewohnt ist. So manch eine Weisheit kann und sollte man sich für seinen eigenen Alltag zu Herzen nehmen, am besten auf die Innenseite der Augenlider tätowieren und nie wieder vergessen!